Full text: Kleineres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

75 
Von diesem großartigsten Teile der Hauptstadt zieht sich bis zum 
Pariser Platze am Thore die Prachtstraße „Unter 
den Linden“ hin. Sie hat eine fuͤnffache Teilung. In der Milte 
eine breite, nur für Spaziergänger bestimmte Allee. Neben dieser läu 
beiden Seiten ein Weg füͤr Reiter, den ebenfalls Baumreihen ein— 
assen, alsdann folgt auf jeder Seite die Fahrstraße und dann erst das 
Trottoir. Sie wird von drei Hauptstraßen durchschnitten, von welchen die 
Friedrichstraße über eine Slunde lang ist. Herrliche Läden, hinter deren 
mächtigen Scheiben die kostbarsten Erzeugnissfe der Kunst und Industrie 
prangen, befinden sich in den Untergeschossen der palastartigen Häuser. 
Endlich kommen wir zum Brandenburger Thor. Es ist ein praͤchtiger 
Sandsteinbau mit fünf Durchgängen, der oben einen von 4 m hohen 
Rossen gezogenen Triumphwagen trägt, gelenkt von der Viktoria, der 
Siegesgöltin mit dem preußischen Adler und dem eisernen Kreuz; von 
Napoleon nach Paris entfuͤhrt, kehrte sie 1814 mit anderen Siegeszeichen 
wieder zurück. 
Unmittelbar vor dem Thore beginnt der Thiergarten, ein großer 
Lustwald mit schͤnen Anlagen und Wasferpartieen, seen und Gast⸗ 
wirtschaften. Eine Allee rechts führt nach dem Königsplatze und erblicken 
wir hier schon von weitem die auf demselben errichtele großartige Sieges— 
säule. Dieselbe wurde zur Verherrlichung der drei siegreichen Kriege 
1864 1866 und 1870 1 aufgefuͤhrt und erreicht mit der sie krönenden 
Viktoria eine Gesamthöhe von 51 m. 
Das wäre eine Wanderung quer durch Berlin. Daß es in Berlin 
außer dem bereits erwähnten noch viele nennenswerte Straßen, Plätze, 
Gebäude, Denkmäler (z. B. das schöne Denkmal auf dem rnn 
Vorstädte, Fabriken c. diebt, kann sih der Hser von felbst denken. Woll— 
en wir sie alle mit ihm aufsuchen, wir würden bald mit ihm ermüden. 
Zu dem komm noch hinzu, daß der ungeheure Wagenverkehr für Fremde 
nicht ungefährlich ist. Außer 3000 Droͤschken fahren noch einige hundert 
Dmnibusse und Pferdebahnwagen auf mehr als 80 Linien von dem 
äußersten Ende in das Eenrum der Sladl und umgekehrt. In dem 
nnausgesetzten, donnerähnlichen Getöse der Wagen kann man keinen ein— 
zelnen durch das Ohr unterscheiden und sich also nur durch die Augen 
vor dem Überfahrenwerden hüten. Um eine der belebtesten nn zu 
überschreiten, muß man oft längere Zeit stehen bleiben, bis der Wagen— 
Ag eine Lücke zeigt; dann traben die unterdessen zu Haufen angesammelten 
ninger in groͤßter Eile über die Straße. An den Kreuzwegen nament— 
ich ist es keine Kleingkeit, sich vor den von vier Seiten her eilenden 
Wagen zu hüten, und die zwei Augen, mit denen man sich sonst überall 
doch leidlich durchschlägt, sind für üllin eigentlich nicht ausreichend. 
Nach Daniel. 
37. Aus den holsteinischen Marschen. 
Wir stehen auf dem Kamme eines jener Deiche, welehe 
— hinlaufen, um das Land vor den Springfluten des 
dtrömes und vor überchwemmung zu chge Zur Reehten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.