Full text: Kleineres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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Pumpernickel. Gewõhnlich isst man das Brot so: auf eine Schnitte 
Schwarzbrot, mit Butter bestrichen, legt man ein Stück Rauch- 
fleiscn oder Schinken und auf dieses eine Schnitte Weissbrot. 
Der Hleischverbraueh ist in den Marschen ein sehr bedeutender, 
vielleicht der stärkste in Europa. Für durstige Kehlen sind aber 
die Marschen kein günstiger Boden. Nan trinst zwar eine Menge 
Grog, Thee, Raffee, französische Rot- und Weissweine, allein das 
eigentliche germanische Volksgetränk, das Bier, ist in weniger 
guter Beschaffenheit vorhanden und gar nicht wohlschmeckend; 
es ist ein widerliches bitteres oder dünnsäuerliches Getränk, 
gelches von Bier kaum annähernd die Earbe hat. In jüngster 
Zeit sind allerdings hier auch die Lagerbiere bekannt geworden 
und werden meistens in Flaschen eingeführt. Wie man das Bier- 
trinken in den Marschen wenig pflegen Kann, so muss man sich 
das Vassertrinken fast ganz und gar abgewöhnen. Das sogenannte 
Prinkwasser ist hier geradezu ungeniessbar. Dureh diè Menge 
von Schwefelwasserstosfgas, welches sich in der obersten Schicht 
der Marscherde vorfindet, ist das Wasser übelriechend, sogar 
ungesund. Man ist darum meist auf das Regenwasser angeéwiesen. 
Eine grosse Qual leidet bei heissen Sommern das Viel aut der 
Weide, welches vom heftigsten Durste gequält, blökend umlerint 
und nicht einmal eine Pfütze findet, aus der es trinken kann. 
Autf den Gesundheitszustand hat dieses schlechte Drinkwasser, 
besonders bei auftretenden Seuchen, natürlich den nachteiligsten 
Einfluss. Das Klima übt überhaupt zu gewissen Zeiten éinen 
sehr feindseligen Einfluss auf die Gesundeitsverhältnisse aus; 
und das sogenannte „Marschfieber“ tritt oft so verheerend auf wie 
die Cholera; sstarben doch im Jahre 1826 viele Tausende an diesem 
Fieber. Nach Wartenburg. 
38. Das westfülische Bauernhaus 
Die Westfalen bewahren vielleicht am treuesten die Eigentümlichkeit 
des altsächsischen Stammes. Sie sind gesund und stark von Leib und 
von festem und unerschrockenem Mute. Bei großer Tuͤchtigkeit und Kernig— 
keit verharren sie gern in ihren alten Gewohnheilen; um das große Ganze 
bekümmern sie sich wenig, aber in seinem kleinen Kreise wirkt seder mit 
Sorgfalt, Liebe und Treue. Dabei besitzen sie einen unn nn e 
sinn; mit der äußersten Zähigkeit und Hartnäckigkeit halten sie das fest, 
was sie einmal für gut und recht erkanni haben. 
Der Hauptbestandteil der Bevölkerung ist der Bauer. Wie der 
Edelmann auf seinem Stammschloß, sitzt er auf dem von Vorfahr zu 
Vorfahr fortgeerbten Gute. Das große einstoͤckige Haus, von dessen 
Giebel meist zwei Pferdeköpfe in Holz geschnitzt ist seiner 
bedeutenden Länge nach gewöhnlich in drei Teile geteilt. In der Mitte 
der Giebelseite ist die Einfahrt, welche unmittelbar auf die Tenne führt. 
Von da wird die Ernte auf dem Speicher unterm Dach untergebracht. 
Rechts und links von der breilen Einfahrt sind die Plätze für das Vieh
	        
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