Das Nibelungenlied.
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Kratzen oder beißen konnt es nicht den Mann;
Er band es an den Sattel; auf saß der Schnelle dann
Und bracht es an die Feuerstatt in seinem hohen Mut
Zu einer Kurzweile, dieser Degen kühn und gut.
Er ritt zur Herberge in welcher Herrlichkeit!
Sein Speer war gewaltig, stark dazu und breit;
Eine schmucke Waffe hing ihm herab bis auf den Sporn;
Von rotem Golde führte der Held ein herrliches Horn.
Da ritt der edle Ritter stattlich aus dem Tann;
Gunthers Leute sahen, wie er ritt heran.
Sie liefen ihm entgegen und hielten ihm das Roß:
Da trug er an dem Sattel einen Bären stark und groß.
Als er vom Roß gestiegen, löst' er ihm das Band
Vom Mund und von den Füßen: die Hunde gleich zur Hand
Begannen laut zu heulen, als sie den Bären sahn.
Das Tier zu Walde wollte: das erschreckte manchen Mann.
Der Bär durch die Küche von dem Lärm geriet:
Hei, was er Küchenknechte da vom Feuer schied!
Gestürzt ward mancher Kessel, verschleudert mancher Brand:
Hei! was man guter Speisen in der Asche liegen fand!
Da sprang von den Sitzen Herr und Knecht zumal.
Der Bär begann zu zürnen; der König gleich befahl
Der Hunde Schar zu lösen, die an den Seilen lag;
Und wär es wohl geendet, sie hätten fröhlichen Tag
Der Bär begann zu fliehen vor der Hunde Zahl;
Ihm konnte niemand folgen als Kriemhilds Gemahl.
Er erlief ihn mit dem Schwerte, zu Tod er ihn da schlug;
Wieder zu dem Feuer das Gesind den Bären trug.
Da sprachen, die es sahen, er wär ein starker Mann.
Die stolzen Jagdgesellen rief man zu Tisch heran.
Auf schönem Anger saßen der Helden da genug.
Heil was man Ritterspeise vor die stolzen Jäger trug!
Da sprach von Tronje Hagen: „Lieber Herre mein,
Ich wähnte, das Pirschen sollte heute sein
Fern im Spechtsharte: den Wein hinsandt ich dort.
Heute giebt es nichts zu trinken, doch vermeid ich es hinfort.“