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Das Nibelungenlied.
„O weh des lieben Herren,“ sprach Meister Hildebrand,
„Der uns hier erschlagen liegt von Volkers Hand!
Nun soll der Fiedelspieler auch länger nicht gedeihn.“
Hildebrand der kühne, wie konnt er grimmiger sein?
Da schlug er so auf Volker, daß von des Helmes Band
Die Splitter allwärts stoben bis zu des Saales Wand,
Vom Helm und auch vom Schilde, dem kühnen Spielmann;
Davon der starke Volker nun auch sein Ende gewann.
Da drangen zu dem Streite die in Dietrichs Lehn:
Sie schlugen, daß die Splitter sich wirbelnd mußten drehn,
Und man der Schwerter Enden in die Höhe fliegen sah.
Sie holten aus den Helmen heiße Blutbäche da.
Erstorben waren alle die in Gunthers Lehn
Und die in Dietrichens. Hilbranden sah man gehn,
Wo Wolfhart war gefallen nieder in das Blut.
Er umschloß mit Armen den Degen bieder und gut.
Da lebt' auch von allen den Degen niemand mehr
Als Gunther und Hagen, die beiden Recken hehr.
Mit Blut ging beronnen der alte Hildebrand:
Er brachte leide Märe, da er Dietrichen fand.
Da suchte sich Herr Dietrich selber sein Gewand;
Ihm half, daß er sich waffnete, der alte Hildebrand.
Da klagte so gewaltig der kraftvolle Mann,
Daß von seiner Stimme das Haus zu schüttern begann.
Dann gewann er aber wieder rechten Heldenmut.
Im Grimm ward gewaffnet da der Degen gut.
Seinen Schild den festen, den nahm er an die Hand:
Sie gingen bald von dannen, er und Meister Hildebrand.
Da sprach der Held von Berne: „Es sollte nun so sein.
Gunther, edler König, bei aller Tugend dein
Ersetze mir das Herzeleid, das mir von dir geschehn;
Versühn' es, kühner Ritter, so laß ichs ungerochen gehn.
„Ergieb dich mir zum Geisel mit Hagen deinem Mann:
So will ich euch behüten, so gut ich immer kann,
Daß euch bei den Heunen hier niemand Leides thut.
Ihr sollt an mir erfahren, daß ich getreu bin und gut.“