A. Geschichte.
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17. Friedrich II. und die Bedeutung des Siebenjährigen Krieges
für Preußen.
L. Hahn, Geschichte des preußischen^Baterlandes. Berlin, 1878.
hatten denn drei der größten Staaten Europas sieben Jahre hindurch
vergebliche Anstrengungen gemacht, Preußens aufstrebende Macht niederzu¬
bücken: alle Ströme Blutes, die geflossen, aller Kummer und alle Trübsal,
womit die deutschen Länder heimgesucht worden, hätten erspart werden können,
wenn man Friedrich in dem Besitze Schlesiens unangetastet gelassen hätte,
welchen man ihm doch nicht rauben konnte, und über welchen hinaus er
m nichts begehrte. Der tatenreiche Krieg änderte nichts an dem äußeren
gestände der europäischen Staaten; der Hubertusburger Friede bestätigte
durchgängig nur, was schon nach den Schlesischen Kriegen festgestellt worden
war.^ Und dennoch ist der Siebenjährige Krieg von den wichtigsten Folgen
gewesen, nicht für Preußen allein, sondern für Deutschland und für ganz
Europa. Erst in diesem Kriege, worin Preußen sich glorreich gegen die
Zugriffe von halb Europa verteidigte, ist seine neue Machtstellung unter
den europäischen Staaten erkämpft worden, welche sich seitdem immer mehr
befestigt hat.
Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, hatte den Grund gelegt zu
Preußens europäischem Aufschwünge, indem er den Kampf gegen das damals
Jo gefürchtete Schweden ruhmvoll ausführte; seine Nachfolger hatten die Mittel
jvrglich gepflegt und ausgebildet, durch welche Preußen bei günstiger Gelegen¬
heit auf der betretenen Bahn weiter fortschreiten sollte. Friedrich der Große
führte diese Gelegenheit selbst herbei und erfüllte durch sein Genie die Aus¬
übe, welche dem preußischen Staate gestellt war; durch ihn trat Preußen
un Deutschen Staatenverbande nun vollends und mit weit höherm Berufe an
w stelle, welche einst Sachsen eingenommen hatte, im europäischen System
Over an die Stelle, welche Schweden allmählich verloren gegangen war.
fahrend seit alter Zeit das sächsische Fürstenhaus vorzugsweise den
. evut und die Macht gehabt hatte, den Übergriffen der kaiserlichen Gewalt
^ Deutschland einen Damm entgegenzusetzen, und während seit der religiösen
Spaltung des deutschen Vaterlandes Sachsen zugleich als Vorhut für die
Evangelische Sache aufgetreten und anerkannt war, hatte nach und nach das
Ülsch aufstrebende Brandenburg dem ältern Nachbarstaate diese doppelte Rolle
streitig gemacht. Zwar schien es, als sollte Sachsens Macht und Ansehen
"och einmal einen höheren Aufschwung nehmen, als die sächsischen Fürsten
Zugleich den Thron des Königreiches Polen bestiegen; aber teils wurden sie
hierdurch „nr in die Wirren des tief zerrütteten polnischen Staates mit
.eingezogen, teils gaben sie durch ihren Übertritt zum katholischen Glauben
letzt vollends ihre frühere Stellung unter den protestantischen Fürsten auf,
welche nun für immer den Hohenzollern unbestritten blieb. Diese hatten,
"w auch an äußerem Ansehen hinter den sächsischen Fürsten nicht zurückzu-
' Ehen, auch ihrerseits die Königswürde angenommen. Erst der große Friedrich
Over vernichtete durch den Siebenjährigen Krieg alle Nebenbuhlerschaft des
fvuher so einflußreichen Sachsens; denn während er selbst den Riesenkampf
gegen eine unvergleichliche Übermacht mit Ruhm und Ehre bestand, hatte er