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unfern Schlangen zu sehen. Dabei hat er aber keine Ursache, sonder¬
lich zu erschrecken oder gar davonzulaufen. Gewöhnlich ist es nur die
silbergraue Blindschleiche, welche von beit Naturforschern, ihres
innern Baues wegen, nicht einmal zu den Schlangen, sondern zu den
Eidechsen gerechnet wird. Auch ist sie nicht blind; sie hat zwei Augen,
die zwar sehr klein sind, aber doch recht scharf sehen können. Nieman¬
dem thut sie etwas zuleide; wenn mau sie anfaßt, so stellt sie sich, als
wolle sie beißen, und bringt es doch nicht recht fertig. Sie ist sogar
nützlich, da sie sich nur von Mücken, schädlichen Käfern und Würmern
nährt. Viel Nahrung gebraucht sie freilich nicht; an einem Regen¬
würme hat sie für lange Zeit genug. — Die größte unter den in unserm
Vaterlande vorkommenden Schlangen ist die Ringelnatter, die
wohl mehr als ein Meter lang wird, aber auch nicht gefährlich ist.
Ihren Namen hat sie von dem Ringe, den sie um den Nacken trügt.
Derselbe wird durch zwei gelblichweiße Flecken gebildet, die sich auf der
grauen oder stahlblauen Grundfarbe hübsch ausnehmen. Sie lebt nicht
bloß in feuchten Wäldern, sondern auch im hohen Grase an den Ufern
der Bäche und Teiche. Hier lauert sie am liebsten auf Frösche und
Kröten, denen sie sogar durchs Wasser nachschwimmt. Pfeilschnell schießt
sie auf ihre Beute los, packt das zappelnde Tier am Hinterbeine und
würgt es hinein. Daran hat sie oft über eine halbe Stunde zu thun.
— Im Spätsommer legt die Ringelnatter in Dünger- oder Laubhaufen
20 bis 30 Eier mit weicher, lederartiger Haut, die größer als Sperlings¬
eier sind. Wenn die Jungen ausschlüpfen, so sind sie etwa sechzehn
Centimeter lang. Sie nähren sich von Insekten und wachsen nur sehr
langsam.
Die Kreuzotter ist die gemeinste unter den wenigen giftigen
Schlangenarten Deutschlands, kenntlich an Gestalt, Farbe und Größe.
Sie wird bis 2k Meter lang und fingerdick. Der Kopf ist hinten breit
und durch einen dünneren Hals vom Rumpfe geschieden. Auf dem
Kopfe zeigen sich zwei schwarze Bogen, fast wie ein lateinisches X, daher
der Name Kreuzotter. Über den graubraunen Rücken läuft ein schwarzer
Zickzackstreifen. Sie findet sich an feuchten und waldigen Orten, zwischen
Gesträuch und Felsgerölle, besonders häufig im Thüringerwalde, im
Spessart und andern Waldgebirgen des mittlern Deutschlands. Sie
sonnt sich gern an offenen Stellen auf Steinen und Holzstämmen und
frißt Würmer, Eidechsen, kleine Vögel und besonders Mäuse.
Ihr Biß ist nach der Menge des eingedrungenen Giftes und nach
der Wärme der Jahreszeit mehr oder weniger gefährlich und bei Ver¬
nachlässigung nicht selten tödlich. Besonders sind solche Leute, welche
Reisig, Beeren u. s. w. suchen, ihrem Bisse ausgesetzt; aber durch das
Leder der Schuhe dringt er nicht leicht. Ist man gebissen worden, so
muß man die Wunde vorsichtig aussaugen oder ausschneiden und das
verwundete Glied unterbinden; auch kann man brennenden Schwamm
oder eine glühende Kohle daraus legen. Aus jeden Fall aber muß man
so schnell als möglich Hülfe bei einem Arzte suchen.
Im Winter verkriecht sich die Kreuzotter in Baumhöhlen oder Stein¬
haufen und hält da einen Winterschlaf. Wegen der Vertilgung der