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funkelnde Diamanten. Ich saß am Fenster und blickte in die weite
Aussicht, die mir nach Westen hin frei lag. Der große Mühlenteich
um Rande unseres Städtchens war wie übersäet mit fröhlichen
Ditschern und Schlittschuhläufern; das sonst so lustige Bächlein
dampfte und rauchte an seinen offenen Stellen gleich lauem Waffer,
Und die bläulich weißen Berge im Hintergründe blickten mit ihren
wnnenbedeckten Scheiteln ernst ins Thal hinab. Die heiter stralende
Tonne neigte sich ihrem Untergange; denn sie schwebte bereits nahe
über den fernliegende!: Bergkuppen und schien in einem goldenen
Schimmer 511 schwimmen. Ihr scheidendes Licht spielte nur mehr auf
den Höhen und erhabenen Gegenständen, und man konnte seine fort¬
während emporklimmende Grenze sehr deutlich erkennen. , Die Schnee-
Massen im Thale wurden mit jedem Augenblicke dunkler; eine wunderbar
wechselnde Färbung lag dagegen an und auf den Bergen.. Das reinste
sendende Weiß stufte sich ab bis zum matten, tiefdunkeln Blau, und
auf den höchsten Gipfeln, wohin das freundliche Tagesgestirn eben
feine letzten Blicke sandte, schimmerte und schillerte es an allen Enden.
Der Himmel färbte sich indessen immer roter und leuchtender, und
als das letzte Bogenstück der Sonne hinter den Tannen hinabsank,
^igte der ganze westliche Horizont eine solche Farbenglut, daß sich ihr
^iederschein auf den weißen Vorhängen in meinem Zimmer deutlich
bemerkbar machte. Die ganze Luft schien gefärbt zu sein, und der
weiche warme Ton, der sich für einige Minuten auf die Erde herab¬
falle, gab der winterlichen Landschaft einen unbeschreiblichen Farben-
fehmelz. Ich konnte meine Augen nicht abwenden und besinne mich
wcht, selbst im Somnier je eine schönere und wechselvollere Beleuchtung
Ziehen zu haben.
Allmählich aber ward die Färbung am Hinnnelsgewölbe blasser
ltnb ging wieder in die helle, kalte Winterbläue über; auf dem Teiche
war es still und leer geworden; ein dichter, weißlicher Dunst stieg
?äs dem Thale langsam in die Höhe; die freundliche Mondsichel sah
fchelmisch hernieder, und funkelnde Sternlein erschienen auf der großen,
Unendlichen Hinunelsflur. S 0 m in e r.
91. Eine Bahnfahrt bei Mondschein.
Es war eine warme Sommernacht. Der Sternenkranz der Plejaden
wnstralte wie Diamanten das verklärte Zauberlicht des Mondes, der
wie eine Wunderlampe eint Himmelsgewölbe hing und die ganze Gegend
wit seinem Silberglanze übergoß. Vom leisen Windhauch bewegt
gaukelten die duftenden Rosen in der Rachtluft; Gebüsch uni) Bämne