Full text: (Für die mittleren Klassen) (Abteilung 2, [Schülerband])

155 
funkelnde Diamanten. Ich saß am Fenster und blickte in die weite 
Aussicht, die mir nach Westen hin frei lag. Der große Mühlenteich 
um Rande unseres Städtchens war wie übersäet mit fröhlichen 
Ditschern und Schlittschuhläufern; das sonst so lustige Bächlein 
dampfte und rauchte an seinen offenen Stellen gleich lauem Waffer, 
Und die bläulich weißen Berge im Hintergründe blickten mit ihren 
wnnenbedeckten Scheiteln ernst ins Thal hinab. Die heiter stralende 
Tonne neigte sich ihrem Untergange; denn sie schwebte bereits nahe 
über den fernliegende!: Bergkuppen und schien in einem goldenen 
Schimmer 511 schwimmen. Ihr scheidendes Licht spielte nur mehr auf 
den Höhen und erhabenen Gegenständen, und man konnte seine fort¬ 
während emporklimmende Grenze sehr deutlich erkennen. , Die Schnee- 
Massen im Thale wurden mit jedem Augenblicke dunkler; eine wunderbar 
wechselnde Färbung lag dagegen an und auf den Bergen.. Das reinste 
sendende Weiß stufte sich ab bis zum matten, tiefdunkeln Blau, und 
auf den höchsten Gipfeln, wohin das freundliche Tagesgestirn eben 
feine letzten Blicke sandte, schimmerte und schillerte es an allen Enden. 
Der Himmel färbte sich indessen immer roter und leuchtender, und 
als das letzte Bogenstück der Sonne hinter den Tannen hinabsank, 
^igte der ganze westliche Horizont eine solche Farbenglut, daß sich ihr 
^iederschein auf den weißen Vorhängen in meinem Zimmer deutlich 
bemerkbar machte. Die ganze Luft schien gefärbt zu sein, und der 
weiche warme Ton, der sich für einige Minuten auf die Erde herab¬ 
falle, gab der winterlichen Landschaft einen unbeschreiblichen Farben- 
fehmelz. Ich konnte meine Augen nicht abwenden und besinne mich 
wcht, selbst im Somnier je eine schönere und wechselvollere Beleuchtung 
Ziehen zu haben. 
Allmählich aber ward die Färbung am Hinnnelsgewölbe blasser 
ltnb ging wieder in die helle, kalte Winterbläue über; auf dem Teiche 
war es still und leer geworden; ein dichter, weißlicher Dunst stieg 
?äs dem Thale langsam in die Höhe; die freundliche Mondsichel sah 
fchelmisch hernieder, und funkelnde Sternlein erschienen auf der großen, 
Unendlichen Hinunelsflur. S 0 m in e r. 
91. Eine Bahnfahrt bei Mondschein. 
Es war eine warme Sommernacht. Der Sternenkranz der Plejaden 
wnstralte wie Diamanten das verklärte Zauberlicht des Mondes, der 
wie eine Wunderlampe eint Himmelsgewölbe hing und die ganze Gegend 
wit seinem Silberglanze übergoß. Vom leisen Windhauch bewegt 
gaukelten die duftenden Rosen in der Rachtluft; Gebüsch uni) Bämne
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.