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4. Ein großer Fortschritt war es, als man nicht mehr ganze
Seiten in Holz ausschnitt, sondern lauter einzelne Buchstaben, die man
dann so zusammensetzte, daß sie den Wortlaut einer Seite ergaben.
Hatte man die Seite abgedruckt, so konnte man die Buchstaben wieder
auseinandernehmen und den Wortlaut einer neuen Seite damit zu¬
sammensetzen. Die Stäbchen, auf denen die Buchstaben ausgeschnitten
wurden und die anfangs aus Holz. später aus Metall waren, nannte
man mit einem fremden Worte Lettern, und so redete man nun von
beweglichen Settern. Der Ruhm, diese erfunden zu haben, gebührt
einem Deutschen, dem Mainzer Bürger Johann Gutenberg, und
es war um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, als diese Erfindung
gemacht wurde, also ungefähr hundert Jahre nach der Erfindung der
Schießgewehre.
Johann Gutenberg war nicht reich und seine vielen Versuche
hatten ihn schon viel Geld gekostet, ehe sie völlig gelangen. Da
verband er sich im Jahre 1450 mit Johann Fan st, einem anderen
Mainzer Bürger, der ein reicher Mann war und das Geld zn weiteren
Versuchen hergab. So gelang es nach und nach, die Settern zu gießen
und zwar aus einer Metallmischung, die weder zu hart noch zu weich
war, so daß beim Drucken weder das Papier durchschnitten, noch auch
die Buchstabenform breit gedrückt wurde. Endlich trat auch Peter
Schösser, der Schwiegersohu Fausts, mit in das Geschäft ein. Er
war ein gelehrter Mann, der beim Drucken dafür sorgte, daß keine
Fehler in den Büchern standen.
Gutenberg hatte früher schon ABC-Bücher, Gebetbücher, lateinische
Sprachlehrbücher u. a. gedruckt; nachdem nun die Ersindung sehr ver¬
vollkommnet und auch eine bequeme Druckerpresse von Gutenberg
hergestellt worden war, wollte man als erstes größeres Werk eine
lateinische Bibel drucken. Gutenberg freute sich schon auf die Zeit,
wo man den Seilten würde Bibeln zum Kaufe anbieten können, die
viel billiger waren als die von Mönchen geschriebenen, und er hoffte
dann auch einigen Gewinn für seine vielen, Mühen davon zu haben.
Aber als sein Fleiß und seine Knnst ihm Früchte tragen sollten, ward
er um diese von feinen Genossen betrogen. Faust verlangte Zurück¬
erstattung des Geldes, das er ihm zu seinen Versuchen geliehen hatte,
und da Gutenberg noch nicht zahlen konnte, so forderte Faust, daß
von nun an die Druckwerkstatte mit alleu ihren Einrichtungen ihm allein
gehöre. Faust und Schöffer kannten ja das Geheimnis der Ersindung,
und so konnten sie nun Gutenberg entbehren.
5. Gutenberg war nun ärmer als zuvor und nicht einmal im¬
stande, seine Erfindung selbst zu verwerten. Da erbarmte sich seiner
ein wohlhabender Bürger, Konrad Hummer. Der gab ihm Geld, daß
er eine neue Druckwerkstätte einrichten konnte, und in dieser druckte
Gutenberg als erstes größeres Werk ein großes lateinisches Wörter¬
buch. Später druckte er noch manches herrliche Bnch: mit der lateinischen
3t. Richter, Geschichtsbilder. 5