Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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52. Das Mainzer Reichsfest im Mai 1184. 
fürt über, während sie mehr und mehr an Wichtigkeit und Ein¬ 
wohnerzahl verlor, bis dann zu Anfang dieses Jahrhunderts eine 
neue Entwickelungsphase begann. Nach vielfachem Wechsel der 
Besitzer ward die 25000 Einwohner zählende Stadt schließlich 
zum Großherzogtum Hessen geschlagen und blieb Bundesfestung. 
Zwar hoben sich unter den neuen politischen Verhältnissen Handel 
und Verkehr!, allein politisch hatte Mainz die Rolle der Haupt¬ 
stadt an Darmstadt abgegeben, und die enge Umwallung hinderte 
ein rasches Anwachsen, bis endlich nach 1870 die letztere hinaus¬ 
geschoben und Raum für raschere Vergrößerung gegeben wurde. 
Nunmehr zählt Mainz 60000 Einwohner, dazu gesellen sich im 
gegenüberliegenden Kastel weitere 6O0O Seelen. Was die Stadt 
auch heute noch für den Handel bedeutet, erhellt daraus, daß 
140/0 ihrer Bevölkerung durch denselben ernährt werden; weitere 
450/0 leben von industrieller Thätigkeit, die Garnison von 5000 
Mann ist ein weiterer gewichtiger Bestandteil. 
52. Das Mainzer Neichsftst im Mai 1184. 
Otto Abel, König Philipp der Hohenstaufc. 1852. 
Als der Wonnemond des Jahres 1184 gekommen war, da 
brachen aus allen deutschen Gauen die Fürsten und Ritter auf 
und zogen „in Schiffen und.auf Straßen" gen Mainz, wohin sie 
Kaiser Friedrich I. geladen hatte, der Schwertleite seiner beiden 
ältesten Söhne beizuwohnen. Keiner wollte durch sein Ausbleiben 
den hohen Herrn kränken oder den Glanz des Reichstags ver¬ 
ringern noch auch die Gelegenheit versäumen, durch die Pracht 
des Aufzuges und die Größe des Gefolges seine eigne Macht und 
seinen Reichtum zu bekunden. Da erschienen der Landgraf von 
Thüringen mit über tausend, der Erzbischof Philipp von Köln 
mit siebzehnhuudert, der Abt»von Fulda mit fünfhundert, der neue 
Herzog Bernhard von Sachsen mit siebenhundert, der Herzog 
von Böhmen gar mit zweitausend Rittern. , Die andern Fürsten 
und Bischöfe blieben nicht hinter ihnen zurück. Aber nicht bloß 
die deutsche, vielmehr die Ritterschaft der ganzen Christenheit schien 
sich um Friedrich als ihren gemeinsamen Oberherrn versammeln 
zu wollen: aus Frankreich und Italien, aus Jllyrien und den 
slavischen Ländern und von Spanien strömten die Scharen zu¬ 
sammen. Niemand hat sie -gezählt, aber auf 70000 konnte ein 
Augenzeuge die Zahl der anwesenden Ritter schätzen; dazu kamen 
dann noch die Geistlichen und die Menge des Volks. 
Für alle aber hatte der kaiserliche Wirt Sorge getragen. 
Das alte Mainz vermochte nicht die Menge der Gäste zu fassen, 
darum erhob sich jenseits eine neue Stadt in der weiten, schönen
	        
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