Full text: [Teil 8 = [Klasse 2], [Schülerband]] (Teil 8 = [Klasse 2], [Schülerband])

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ihren Grund. Allmählich aber verschließt der See die Geheimnisse seiner 
Tiefen mit weichem Grünblau, der Dampfer tritt aus der seichten Bucht 
von Konstanz in den freien See hinaus, in weitem grün erschimmernden 
Oval liegen die Ufer mit den weißen Hafenpunkten, leise spielen Luft 
und Licht, stets gewaltiger wirkt die Weite und Breite des Gewässers 
auf das Auge und erweckt Stimmungen, die uns ans Meer erinnern. 
Das Ufer, das wir verlassen haben, löscht seine lebhaften Farben in einem 
Schleier weichen Blaus, die Stadt, von der wir ausgegangen sind, 
schrumpft zusammen, wird kleiner, ihre Silhouette will langsam in den 
See versinken, schon schneidet seine lichtblaue Linie die Häuser auf halber 
Höhe ab. Endlich verschwinden sie. Von Konstanz ragt nur noch das 
Münster, das fast den ganzen See überblickt, sein Schildknappe, der 
Stephansturm, und im tiefen Hintergrund der Landschaft der Doppel⸗ 
gipfel des Hohenstoffel gegen die Wölbung des Himmels empor. Ist 
das Schiff aber erst über Romanshorn und Lindau hinausgelangt, so neigt 
sich auch der Stephansturm in die Flut, bleibt uns vom Münster nur 
noch ein Helmstumpf; endlich erspähen wir nur noch die hellschimmernde 
Kreuzblume. In der Bregenzer Bucht ist aber auch sie verschwunden, 
steigen die letzten Spitzen des Hohenstoffels nur noch wie Höckerchen über 
das weite Blau; erst wenn wir von Bregenz am Pfänder emporsteigen, 
wächst die Steinnadel des Konstanzer Münsters wieder wie eine Denk— 
malssäule über dem See empor. 
Erscheinungen also wie am Meer! — Dem Schauspiel, wie das 
eine Ufer des Sees blaßt und schwindet, entspricht das andere, wie das 
Gestade, an dem unser Ziel liegt, sich allmählich vor uns aus der Flut 
hebt, schwillt, sich entfaltet, wie die schimmernde graugrüne Uferlinie der 
Ferne bei der Ännäherung des Bootes sich mit Farben belebt, in eine 
Fülle schöner Einzelheiten, in einen lachenden Kulturgarten auflöst. Das 
ist der besondere Reiz der Querfahrten zwischen dem deutschen und 
schweizerischen, zwischen dem schweizerischen und deutschen Ufer. 
Dazu gefellt sich die Fülle von Sonne, die bei schönem Wetter auf 
den weilen Spiegel des Sees herniederflutet. Gebadet in Licht liegt 
die azurne Fläche zwischen den sanften Ufern und fernen Bergen da, 
man spürt eine Weite des Himmels über sich, die heiter und beruhigend 
in das Gemüt des Menschen geht. 
de nach unserer Geistesart regt das Stimmungsbild des Bodensees 
in uns poelische Empfindungen an oder löst es eine Menge wissen— 
schaftlicher Fragen aus. Denn auch der Laie muß es mächtig fühlen, 
wie der See eine gewaltige Stätte der Natur ist, auf der den menschlichen 
Sinnen halb offen, halb verborgen die Geister unermüdlich spielen und 
arbeiten, ruhelos und stetig auf- und niedersteigen. 
Auf welche Weise mag der mächtige See wohl entstanden sein? — 
Die Geologen gehen auf die Eiszeit zurück, auf jene fernen Jahrtausende,
	        
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