Schiller: Der Kampf mit dem Drachen. Geibel: Des Deutschritters Ave. 121
Da faltet seine Stirne streng
Der Meister und gebietet Schweigen.
23. Und spricht: „Den Drachen, der
dies Land
Verheert, schlugst du mit tapfrer Hand;
Ein Gott bist du dem Volke worden,
Ein Feind kommst du zurück dem Orden,
Und einen schlimmern Wurm gebar
Dein Herz, als dieser Drache war.
Die Schlange, die das Herz vergiftet,
Die Zwietracht und Verderben stiftet,
Das ist der widerspenst'ge Geist,
Der gegen Zucht sich frech empöret,
Der Ordnung heilig Band zerreißt;
Denn er ist's, der die Welt zerstöret.
24. Muth zeiget auch der Mameluck,
Gehorsam ist des Christen Schmuck;
Denn wo der Herr in seiner Größe
Gewandelt hat in Knechtes Blöße,
Da stifteten aus heil'gem Grund
67. Des Deutschritters Ave. 9
Bon Emanuel Geibel. Neue Ged
1. „Herr Ott vom Bühl, nun drängt
die Noth,
Nun zeigt, wie treu Jhr's meint!
Das Feld ist roth, und die Brüder sind todt,
Und hinter uns rasselt der Feind.
2. Wohl klag' ich manch gebrochnen Speer,
Manch Wappenschild zerspalten;
Doch schmerzt's um den heiligen Kelch
mich noch mehr
In meines Mantels Falten.
3. Im Schlachtfeld tranken wir Alle
daraus,
Zu sühnen uns mit Gott;
Soll nun beim wüsten Siegesschmaus
Der Heid' ihn schwingen zum Spott?
4. Herr Ott, und fühlt Ihr Eiich stark
und jimg,
Noch einmal wendet das Roßs
Versucht mit scharfem Schwertesschwung
Noch einmal zu hemmen den Troß!
5. Und haltet Ihr nur so lang ihn auf,
Als Ihr ein Ave sagt,
So rettet meines Hengstes Laus
Den Kelch, um den Jhr's wagt."
6. Herrn Otts Besinnen war nicht groß,
Sprach: „Ja" und weiter nichts;
Des Meisters Roß von dannen schoß
Die Väter dieses Ordens Bund,
Der Pflichten schwerste zu erfüllen,
Zu bändigen den eignen Willen.
Dich hat der eitle Ruhm bewegt,
Drum wende dich aus meinen Blicken!
Denn wer des Herren Joch nicht trägt,
Darf sich mit seinem Kreuz nicht schmücken."
25. Da bricht die Menge tobend aus,
Gewalt'ger Sturm bewegt das Haus,
Um Gnade flehen alle Brüder;
Doch schweigend blickt der Jüngling nieder.
Still legt er von sich das Gewand
Und küßt des Meisters strenge Hand
Und geht. Der folgt ihm mit dem
Blicke,
Dann ruft er liebend ihn zurücke
Und spricht: „Umarme mich mein Sohn!
Dir ist der härtre Kampf gelungen.
Nimm dieses Kreuz! Es ist der Lohn
Der Demuth, die sich selbst bezwungen."
us dem 14!. Jahrh. (1832—7.)
hte. Stuttgart und Augsburg, 1858.
Im Strahl des Mondenlichts.
7. Und als das Kreuz auf dem Man¬
tel weiß
Nicht mehr zu kennen war,
Da sanfte schon auf Gäulen heiß
Heran der Lithauer Schar;
8. Und als der Mantel fern im Schwung
Nur schien wie ein fliegender Schwan,
Da sielen sie den Ritter jung
Mit grimmigen Streichen an.
9. Die krummen Schwerter blinkten
frei,
Es rasselten dumpf die Keulen,
Dazwischen ging ihr Kampfgeschrei
Wie hungriger Wölfe Heulen.
10. Herr Ott vom Bühl sprach: „Ave,
Marie!"
Und führt' einen Hieb, der traf;
Der Häuptling flog vom Sattel aufs Knie
Mit durchgespaltnem Schlaf.
11. Das zweite Wort der Held dann
sprach
Und hieb noch kräftiger schier;
Der Bannerträger zusammenbrach,
Und über ihn fiel das Panier.
12. Und Wort um Wort, und Streich
um Streich,