Full text: Für Tertia (Abtheilung 1, [Schülerband])

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A. Erzählende Prosa. II. Geschichtliche Darstellungen. 
land genommen. So war das Ende dieses Reformators nach den gleichzeitigen 
Urkunden und Aktenstücken. 
246. Der erste Hohenzoller in der Mark Brandenburg. 
(Von 1415-1440 n. Chr.) 
Von Leopold Ranke. Neun Bücher Preußischer Geschichte. Berlin, 1847. 
Nur ungern und schwer gewöhnten sich vor Alters die Völker, die ange¬ 
stammten Fürstengeschlechter nicht mehr an ihrer Spitze zu sehen. In Branden¬ 
burg schien es sogar, als sollte der Untergang des Hauses Askanien auch das 
Verderben des Landes nach sich ziehen. Es gerieth in Verbindung mit der 
Reichsgewalt, um welche aber Wittelsbach und Luxemburg stritten, so daß die 
Entzweiungen dieser Geschlechter auch hier ausgesochten wurden. Gleich im 
Anfang verlor die Mark ihre Nebenlande; bald darauf durften ein Erzbischof 
von Magdeburg, ein Herzog von Mecklenburg ungestraft Gewaltsamkeiten gegen 
sie ausüben; damit hing zusammen, daß endlich eine Familie mächtiger Edelleute, 
im Besitz von mehr als zwanzig festen Schlössern, an der Spitze eines krie¬ 
gerischen Gefolges, das von Schutz- und Lösegeldern genährt ward, eine das 
fürstliche Ansehn zugleich an sich reißende und doch unmöglich machende Gewalt 
ausübte. Heute sah man einen Quitzow von einer Stadt, die sich seinem Schutze 
anvertraut hatte, mit Saitenspiel und Festlichkeit empfangen und nach Hause ge¬ 
leitet; morgen aber glaubte sich derselbe, weil ihm das Schutzgeld nicht bezahlt 
worden sei, berechtigt, das Vieh von den Gemeindeweiden wegzutreiben; die ihm 
nachsetzenden Bürger sprengte er auseinander und warf die angesehensten von 
ihnen in seine Thürme. Raub und Krieg war die Regel, Friede und Vertrag 
die Ausnahme. „Je näher man der Mark kam," sagt ein gleichzeitiger Chronist, 
„desto unsicherer reiste und wanderte man; ein Jeder hat sich der Gewalt über¬ 
hoben, die er gehabt, und nur gethan, was ihm gelüstet." Dieser Zustand 
dauerte, bis endlich der letzte Luxemburger, Kaiser Sigmund, sich eingestand, 
daß er, mit den Irrungen des Reiches und der Kirche vollauf beschäftigt, die 
Herrschaft in der Mark nicht behaupten könne, und mit der Ausübung derselben 
einen Freund betraute, der ihn dafür mit Geld unterstützte und gegen den er auch 
sonst die größten Verpflichtungen hatte, ,den Burggrafen Friedrich von Nürnberg. 
Friedrich gehörte einem Hause an, dessen Ursprung sich vor dem Auge des 
Forschers in die zweifelhafte Ferne der Jahrhunderte zurückzieht, wo die übrig¬ 
gebliebenen Aufzeichnungen die Namen auch sehr augesehener Geschlechter noch 
nicht genau unterscheiden. Mit historischer Gewißheit finden wir seine Ahnher¬ 
ren zuerst im Besitze der Reichsfeste, nicht der Stadt Nürnberg, von wo sie 
sich durch Erbe oder Kauf oder Lehen glücklich und geschickt in den Fränkischen 
Kreisen oberhalb und unterhalb des Gebirges ausbreiten. An den allgemeinen 
Angelegenheiten des Reiches und der Christenheit nahmen sie auf das lebendigste 
Theil. Einer von ihnen hat die Wahl Rudolfs von Habsburg zum Kaiser 
vermittelt und denselben von den kleinen örtlichen Fehden, in denen er begriffen 
war, zu den Geschäften des Reichs abberufen, welche sein Haus groß machen 
sollten. Ein anderer hat in der Schlacht von Nikopolis mitgefochten und dem 
damaligen Heerführer der Christen, seinem Schwager Sigmund, das Leben 
gerettet. Dies ist der Bruder Friedrichs, der demselben Sigmund durch eilt 
entschlossenes Eingreifen bei der Wahl hauptsächlich die Krone verschafft hat 
und jetzt zuerst als sein Verweser in der Mark erschien. 
Es war schon etwas, daß einmal wieder nach langer Zeit ein kräftige' 
und kluger Mann es wagte, die Mark regieren zu wollen. Im offenen Feld'
	        
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