Full text: Für Tertia (Abtheilung 1, [Schülerband])

Simrock: Aus dem Nibelungenliede. 
13 
33. Das Feuer stob vom Panzer, als trieb' es der Wind. 
Es hatte wohl geschossen König Siegmunds Kind; 
Ihr reichten nicht die Kräfte, vor solchem Schuß zu stehn. 
Das wär' von König Günther in Wahrheit nimmer geschehn. 
34. Brnnhild, die Schöne, bald auf die Füße sprang: 
„Edler Ritter Günther, des Schusses habe Dank!" 
Sie wähnte noch, er hätt' es mit-seiner Kraft gethan; 
Nein, gefället hatte sie ein viel stärkerer Mann. 
35. Da trat sie hin geschwinde, zornig war ihr Muth, 
Den Stein hoch erhob sie, die edle Jungfrau gut; 
Sie schwang ihn mit Kräften weithin von der Hand, 
Dann sprang sie nach dem Wurfe, daß laut erklang ihr Gewand. 
36. Der Stein war geflogen zwölf Klafter von dem Schwung; 
Die Jungfrau wohlgeschaffen erreicht' ihn doch im Sprung. 
Hin ging der schnelle Siegfried, wo der Stein mm lag. 
Günther mußt' ihn wägen, des Wurfs der Vcrhohlne pflag. 
37. Siegfried war verwegen, kräftig und lang; 
Den Stein warf er ferner, dazu er weiter sprang. 
Aon seinen schönen Künsten ernpfing er Kraft genug, 
Daß er mit dem Sprunge den König Günther noch trug. 
38. Zn ihrem Ingesinde sprach laut die Fürstin da, 
Als sie gesund den Helden an des Kreises Ende sah: 
„Ihr, meine Freund' und Mannen, tretet gleich heran; 
Ihr sollt dem König Günther alle werden Unterthan." 
39. Da legten die Kühnen die Waffen ans der Hand 
Und boten sich zu Füßen von Dnrgondcnland 
Günther, dem Reichen, so mancher kühne Mann; 
Sie wähnten all', er hätte das Spiel mit seiner Hand gethan. 
40. Er grüßte sie gar minniglich; wohl war er tugendreich. 
Da nahm ihn bei den Händen das Mägdlein ohne Gleich; 
Sie erlaubt' ihm zu gebieten in ihrem ganzen Land. 
Da freuten des sich alle die Degen kühn und gewandt. 
41. Siegfried, der Schnelle, weise war genug, 
Daß er die Tarnkappe zum Schiffe wieder trug; 
Dann ging er zu dem Saale, lvo manche Franc saß 
Und er mit andern Degen alles Leides vergaß. 
42. „Run wohl mir dieser Märe," sprach Siegfried, der Degen, 
„Daß hier Eure Hoffart also ist erlegen 
Und Jemand lebt, der Euer Meister möge sein! 
Run sollt Ihr, edle Jungfrau, uns hinnen folgen an den Rhein." 
c. Wie Siegfried erschlagen ward. 
1. Günther und Hagen, die Necken wohlgethan, 
Beriethen mit Untreuen ein Birschen in den Tann. 
Mit ihren scharfen Spießen wollten sie jagen gehn 
Bären, Schwein' und Büffel; was konnte Kühnres geschehn? 
2. Da ritt auch mit ihnen Siegfried mit stolzen: Sinn. 
Mancherlei Speise brachte man dahin. 
An einem kalten Brunnen verlor er bald den Leib; 
Drnnhild hatt' es gerathen, des Königs Günther Weib.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.