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II. Lyrische Poesie.
8. So sei mir gegrüßt, du schäumende Flut,
Du Länder umfangende Tiefe.
Ich höre dein Brausen. Heiß wird mir zu Mut,
Als ob es zu Taten mich riefe.
2\2, Sei liebreich!
Heinrich Zeise. Aus Bern: Deutsche Lyrik. Leipzig.
1. Treu bewahre im Gemüte
Hub beschirme früh und spät
Jede Knospe, jede Blüte,
Die auf deinen Wegen steht.
2. Sei's die Knospe hoch am Baume,
Sei's ein fröhlich plaudernd Kind,
Sei's am grünen Wiesensaume
Eine Blume weich und lind.
3. Halt den Wurm auf öder Stätte
Nicht für klein und für gering,
In der Schöpfung ew'ger Kette
Sieh ihn an als starken Ring.
4. Nach den Sternen magst bu
trachten.
Wenn dein Geist den Staub
besiegt.
Doch des Kiesels sollst du achten,
Der zu deinen Füßen liegt.
5. Hoch und herrlich ist die Stärke,
Die von Seelenadel zeugt.
Wenn sie sich zum Liebeswerke
Zu dem Schwachen niederbeugt.
0. Gibst du den gesunknen Ranken
Neuen Halt und frischen Stand,
O, dann reichst du auch den
Kranken
Und Gefallnen deine Hand.
7. Sei ein Denker oder Dichter,
Form in Erzen oder Stein,
Vor dem ew'gen Weltenrichter
Sollst du Mensch vor allem
sein.
8. Treu bewahre im Gemüte
Und beschirme früh und spät
Jede Knospe, jede Blüte,
Die auf deinen Wegen steht.
Pierer?che Hofbuchdruckerei Stephan Geibet & fto. in Attenburg.