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I. Erzählungen, Beschreibungen u. s. w.
finster hin auf den einstigen Schauplatz seiner Größe und alleinigen
Herrschaft. Anstatt seiner breitete sich dort ein bunter Teppich ver¬
schiedenfarbiger Felder und saftig grüner Wiesen aus, an dem Bache
entlang zog sich die Dorfstraße, und an dieser lagen saubere Häuser, mit
hübschem Schmtzwerk verziert, unlgeben von Gärten, in denen Basilikum,
Raute, Lavendel, Salbei und andere Würzpflanzen dufteten, in denen
Mohn und Lilien, brennende Liebe und Gelbveigelein blühten und
strotzende Küchengewächse sich üppig ausbreiteten. Hinter den Häusern
aber, im Grasgarten, schimmerten im Frühling silbern und rosig die Obst¬
bäume und standen im Herbste gebeugt von goldenen und blauen Früchten.
Am höchsten Punkte des Dorfes streckte nun aus dem Schatten uralter
Eichen eine Kirche ihr spitzes Türmlein hervor, und an den stillen Sommer¬
abenden hörte man statt des rauhen Gebrülles der wilden Tiere ein
friedliches Läuten, das Dengeln von Sensen und das fröhliche Geschrei
spielender Kinder.
Nur der Bach blieb bei diesem Wechsel der Dinge immer derselbe
und rauschte durch Dorf und Wiesen mit demselben Geplätscher dahin
wie einst durch den unberührten Urwald; er sah die endlose Kette
menschlichen Daseins an sich vorübergleiten und dahinfließen wie seine
eigenen Wellen, die ewig neu und ewig dieselben waren. Er sah die
Kinder an seinen Ufern spielen, wie sie Kanäle und Mühlen bauten und
Krebse und Forellen griffen. Er sah sie heranwachsen und pärchenweise
im Mondschein an seinen Ufern wandeln. Er sah gebräunte Männer
auf die Arbeit ziehen, indes sich die Frauen in Haus unb Garten fleißig
regten. Er sah an seinem Rande gebrechliche Greise sitzen, die in der
Sonne träumten, und zu deren Füßen neue Kinder die alten Spiele übten;
und so flössen die Wellen und die Jahre unablässig dahin. Dieses fried¬
liche Leben ward nur unterbrochen durch solche Ereignisse, für deren
Fernbleiben allsonntäglich auf der Kanzel gebetet wird, und denen das
Menschengeschlecht doch nie und nimmer entrinnen kann. Es kamen
Kriegskünste, in denen sich die kristallklaren Wellen des Baches mit Blut
färbten, es kam eine Feuersbrunst und verzehrte die Häuser des halben
Dorfes; eine Pestilenz, ausgebrütet in den Sümpfen der Länder gegen
Sonnenaufgang, wanderte herbei, leerte die Häuser und füllte den Kirch¬
hof, Mißwachs und sein scheußliches Kind Hungersnot zehrten an den
Leibern der Dorfbewohner; doch alles überwand die unverwüstliche Kraft
des Lebens, und so blüht und gedeiht der freundliche Ort Waltersrode
bis auf den heutigen Tag.
Und wie sieht es denn jetzt dort aus? Schon wieder ein wenig
anders: Wieder sind neue, unerhörte Töne bis in die entlegene Ein¬
samkeit dieses Tales gedrungen; denn von dem Haupttale aus, in das
es mündet, — wie sein Bach einläuft in das Flüßchen, das sich dort