Full text: [Teil 6 = Obertertia - Untersekunda, [Schülerband]] (Teil 6 = Obertertia - Untersekunda, [Schülerband])

Kaiser Wilhelm II.: Der Gr. Kurfürst ein Vorbild. — Freytag: Friedrich d. Gr. 137 
Hohenzollernfürst sich von Anfang an bewußt ist, daß er nur Statthalter- 
auf Erden ist, daß er Rechenschaft abzulegen hat von seiner Arbeit vor 
einem höhern König und Meister, daß er ein getreuer Arbeitsführer sein 
muß im allerhöchsten Auftrage. 
Daher auch die felsenfeste Überzeugung von der Mission, die jeden 
einzelnen Meiner Vorfahren erfüllte. Daher die unbeugsame Willens¬ 
kraft, durchzuführen, was man sich einmal zum Ziel gesetzt hat. 
So möge es denn auch Mir vergönnt sein, zum Wohle nicht nur 
des gesamten Reiches, sondern auch gerade dieses schönen Ländchens, 
denselben Fußtapfen zu folgen, die dieser große Ahn uns vorgezeichnet hat! 
Mir ist es vielleicht vergönnt, den Teil seines Traumes auszuführen, 
der durch die späteren Kämpfe in unserer Entwicklung zurücktreten mußte, 
den Weg über die See. Was damals der Große Kurfürst nur an¬ 
gedeutet und begonnen hat, das vermögen wir jetzt im großen auf¬ 
zunehmen, weil wir ein geeintes, großes deutsches Vaterland haben. 
Wir haben es jüngst erlebt: Deutsche Heere unter dem Schutze 
deutscher Fahnen ziehen hinaus, bestehend aus Gliedern und Söhnen 
unseres Vaterlandes, aus allen Gauen, von den Schären des Belts bis 
zum Wasgau, gemeinsam für die schwarz-weiß-rote Fahne zu kämpfen, 
die Größe und den Ruhm unseres Vaterlandes im Auslande zu besiegeln 
und zu zeigen, daß der Arm des deutschen Kaisers auch bis in die ent¬ 
ferntesten Teile der Welt reicht. 
Alles dieses wäre unmöglich gewesen ohne den Großen Kurfürsten 
und sein Werk; und deswegen hoffe Ich, daß auch ein jeder Meiner 
Untertanen von demselben Geiste beseelt ist und in demselben Sinne an 
feiner Aufgabe fortarbeiten wird. Mir zu helfen. Einern jeden ist seine 
Aufgabe und sein Ziel gesetzt, und wenn jeder es so auffaßt wie der 
Große Kurfürst, und wie alle aus Meinem Hause, in der Überzeugung, 
daß er verantwortlich ist und dereinst oben Rechnung ablegen muß von 
dem, was er getan, dann bin Ich fest davon überzeugt, daß unserm 
deutschen Vaterlande noch große Zeiten bevorstehen. 
Dann werde Ich, unbekünimert um die dunkeln Wolken, die über 
uns dahinziehen, wie einst Eberhard im Barte, von Meinen Ravens¬ 
bergern sagen, daß ich unbekümmert einenl jeden von ihnen Mein Haupt 
in seinen Schoß legen kann. 
45. Friedrich der Große. 
Gustav Freytag. Bilder aus der deutjchen Vergangenheit. Leipzig. 
Friedrich der Große hatte überwunden; er hatte das eroberte Schlesien 
für Preußen gerettet, sein Volk frohlockte, die treuen Bürger seiner Haupt¬ 
stadt bereiteten ihm den festlichsten Empfang; er aber mied die Freude der
	        
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