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5. Der König tritt zurück mit Grauen.
„Doch warn' ich dich, demGlückzu trauen,"
Versetzt er mit besorgtem Blick.
„Bedenk', auf ungetreuen Wellen —
Wie leicht kann sie der Sturm zer¬
schellen! —
Schwimmt deiner Flotte zweifelnd Glück!"
6. Und eh' er noch das Wort gesprochen,
Hat ihn der Jubel unterbrochen,
Der von der Reede jauchzend schallt;
Mit fremden Schätzen reich beladen,
Kehrt zu den heimischen Gestaden
Der Schiffe mastenreicher Wald.
7. Der königliche Gast erstaunet:
„Dein Glück ist heute gut gelaunet;
Doch fürchte seinen Unbestand!
Der Kreter waffenkund'ge Scharen
Bedräuen dich mit Kriegsgefahren;
Schon nahe sind sie diesem Strand."
8. Und eh' ihm noch das Wort ent¬
fallen,
Da sieht man's von den Schiffen wallen,
Und tausend Stimmen rufen: „Sieg!
Von Feindesnot sind wir befreiet,
Die Kreter hat der Sturm zerstreuet,
Vorbei, geendet ist der Krieg!"
9. Das hört der Gastfreund mit Ent¬
setzen.
„Fürwahr, ich muß dich glücklich schätzen!
Doch," spricht er, „zittr' ich für dein Heil.
Mir grauet vor der Götter Neide;
Des Lebens ungemischte Freude
Ward keinem Irdischen zu teil.
10. Auch mir ist alles wohl geraten,
Bei allen meinen Herrschertaten
Begleitet' mich des Himmels Huld;
Doch hatt' ich einen teuern Erben,
Den nahm mir Gott; ich sah ihn sterben,
Dem Glück bezahlt' ich meine Schuld.
11. Drum, willst du dich vor Leid
bewahren,
So flehe zu den Unsichtbaren,
Daß sie zum Glück den Schmerz verleihn!
Noch keinen sah ich fröhlich enden,
Auf den mit immer vollen Händen
Die Götter ihre Gaben streu'n.
12. Und wenn's die Götter nicht ge¬
währen,
So acht' auf eines Freundes Lehren
Und rufe selbst das Unglück her;
Und was von allen deinen Schätzen
Dein Herz am höchsten mag ergötzen,
Das nimm und wirf's in dieses Meer!"
13. Und jener spricht, von Furcht
beweget:
„Von allem, was die Insel heget,
Ist dieser Ring mein höchstes Gut.
Ihn will ich den Erinnen weihen,
Ob sie mein Glück mir dann verzeihen" —
Und wirft das Kleinod in die Flut.
14. Und bei des nächsten Morgens Li chte
Da tritt mit fröhlichem Gesichte
Ein Fischer vor den Fürsten hin:
„Herr, diesen Fisch hab' ich gefangen,
Wie keiner noch ins Netz gegangen;
Dir zum Geschenke bring' ich ihn."
15. Und als der Koch den Fisch zerteilet,
Kommt er bestürzt herbeigeeilet
Und ruft mit hocherstauntem Blick:
„Sieh, Herr, den Ring, den du getragen,
Ihn fand ich in des Fisches Magen;
O, ohne Grenzen ist dein Glück!"
16. Hier wendet sich der Gast mit
Grausen:
„So kann ich hier nicht ferner hausen,
Mein Freund kannst du nicht weiter sein.
Die Götter wollen dein Verderben;
Fort eil' ich, nicht mit dir zu sterben."
Und sprach's und schiffte schnell sich ein.
Fr. v. Schiller.