Einer gegen Alle,
Falsche Höllenbrut,
Und die Erde trinkt bald
Eures Herzens Blut!“ —
„Mit Vergunst, Herr Ritter,
Hört mich doch nur an!
Mühlen sind's, nur Mühlen,
Wie ich schwören kann!“ —
4 „Süße Dulcinea,
Blick auf mich herabl“ —
So der wackre Ritter
Spornt den Gaul in Trab,
Treibet auf den Ersten,
Der da seiner harrt —
Und geschleudert stürzt er
Auf die Erde hart.
„Lebt Ihr, guter Ritter,
Oder seid Ihr todt?
Aber thats mit Mühlen
Euch zu raufen Noth?
5 Sollte wer mich fragen,
Wie man Vieles fragt,
Ob es Riesen waren,
Wie der Herr es sagt,
Oder bloße Mühlen,
Wie es meint der Knecht:
Geb' ich unbedenklich
Unserm Ritter Recht.
Mit den Herrn es halten,
Bleibt das Klügste noch.
Was von solchen Dingen
Wissen Knechte doch? Chamisso.
111. Die treue Haut.
1 Sie hatten einen Vetter da,
Dem Gutheit aus den Augen sah;
Und fragte man: „Was shut der hier?“
Die Antwort war: „Den nähren wir
Aus Christenpflicht, um Gotteslohn;
Er wohnt bei uns seit Langem schon,“
Und priesen insgesammt ihn laut,
Er sel so eine nene Haut.
2 Sie luden Gäst' in großer Zahl,
Sie sagten hn; „Besorg das Mahl!⸗
Da ist er hin und her gerannt,
Bis Alles auf der Tafel stand.
Sie saßen sreudig rings umher,
Am Katzentischchen selber er;
Doch priesen sie zum Schluß ihn laut,
Er sei so eine treue Haut.
3 Und als sie nun gefahren aus,
Sie sagten ihm: „Bewahr' das Haus.
Parabeln.
51
Die Kinder hüt', verpfleg' das Vieh
Und halte gute Ordnung hie!“
Er hat es fleißig so vollbracht.
Sie kehrten heim in später Nacht,
Sein Licht sie nahmen, priesen's laut,
Er sei so eine treue Haut.
4 Und wenn das Seil am Brunnen brach,
Der Eimer in der Tiefe lag,
Und wenn die Birne und die Pflaum
Reif waren auf dem steilsten Baum,
Was sich begab in Ernst und Spaß:
Sie sagten ihm: „Thu dies und das!“
Und priesen, wenns geschehn, ihn laut,
Er sei so eine treue Haut.
5 Sie legten, als er krank und schwach,
Ihn in die Kammer unter's Dach;
Sie sagten ihm: „Bist Du gesund,
So thu' es uns nur eben kund!“
Doch hat er's nicht mehr kund gemacht,
Denn er verschied in selb'ger Nacht.
Da klagten sie den Nachbarn laut:
„Schad', daß er starb, die treue Haut!“
Nic. Becker.
112. Die Bildsäule des Dacchus.
Kallisthenes, ein Jüngling zu Athen,
Kam einst nach einer durchgeschwärmten Nacht,
Den welken Epheukranz um's wilde Haar,
Hintaumelnd in der Dämmerung nach Haus,
Er selber, wie die Dämmrung, wüst und
bleich.
Als nun der Diener nach dem Schlafgemach
Ihm leuchtet durch den hohen Säulengang,
Da tritt mit Eins im vollen Fackelschein
Des Bacchus göttlich Marmorbild hervor,
10 Von schöpferischer Meisterhand geformt.
In Jugendfülle hebt sich die Gestalt;
Aus reichem, lang hinwallendem Gelock
Erglänzt das feingewölbte Schulternpaar;
Und unterm Schatten üppigen Geflechts
Von Rebenlaub und schwellender Trauben—
frucht
Erscheint das runde blühende Gesicht.
Erschrocken fährt Kallisthenes zurück
Vor der Erscheinung Herrlichleit und Glanz.
Ihm ist, als hätte mit dem Thyrsusstab
26 Der Gott die Stirne strafend ihm berührt,
Als spräche zürnend der belebte Mund:
„Was spulst Du hier, Du wankendes Gespenst,
Ereb'scher Schatten, kraftlos, sinnbetäubt?
Du hast den heil'gen Epheu mir entweiht,
Und nennest frevelnd meinen Priester Dich?