Kleinere epische Dichtungen.
3
Will schnappen nach mir; in des Schreckens
Wahn
Laß' ich los der Koralle umklammerten Zweig,
Gleich faßt mich der Strudel mit rasendem
Toben; soben.“
Doch es war mir zum Heil, er riß mich nach
23 Der König darob sich verwundert schier,
Und spricht: „Der Becher ist Dein,
Und diesen Ring noch bestimm' ich Dir,
seschmuckt mit dem köstlichsten Edelgestein,
Versuchst Du's noch einmal und bringst mir
Kunde,
Was Du sahst auf des Meers tiefunterstem
Grunde.“
Das hörte die ster mit weichem Ge⸗
fühl,
Und mit schmeichelndem Munde sie fleht:
„Laßt, Vater, genug sein das grausame Spiel,
Er hat Euch bestanden, was Keiner besteht;
Und koönnt Ihr des Herzens Gelüsten nicht
zähmen,
So mögen die Ritter den Knappen beschämen.“
W Drauf der König greift nach dem Becher
schnell,
In den Strudel ihn schleudert hinein:
Und schaffft Du Becher mir wieder zur
tell,
So sollst Du der trefflichste Ritter mir sein,
Und solsst se als hgemahl heut noch um—
armen, barmen.“
die jetzt für Dich bittet mit zartem Er—
26 Da ergreift's ihm die Seele mit Him—
melsgewalt,
Und es bliht aus den Augen ihm kühn,
Und er sieht sie erröthen, die schöne Gestalt,
Und sieht fie erbleichen und sinken hin;
Da nreibls ihn, den köstlichen Preis zu er—
werben,
Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.
2 Wohl hört man die Brandung, wohl
kehrt sie zurück,
Sie verlündigt der donnernde Schall;
Dda buci sichs hinunter mit liebendem Blick,
L kommen, ͤs lommen die Wasser all,
e rauschen herauf, sie rauschen nieder,
en Jüngling bringt keines wieder.
Schiller.
h
Stavorens Name rühmte die Kunde weit
umher,
Es flog zu fernen Küsten ihr Handelsflottenheer.
2 Der Reichthum zeugt den Hochmuth, und
Hochmuth führt zum Fall.
Stavdren hegte Silber und Gold allüberall;
Doch frommer Sinn und Tugend war dort
gar seltnes Gut;
Drum liegt es jetzt nben in tiefer Meeres⸗
uth.
z An Reichthum und an Schätzen, doch
auch an frevlem Sinn
War eine schöne Jungfrau Stavorens Meisterin.
Sie rief der Schiffer Hauptmann: „Fahr' in
die Welt hinaus,
Und bring' mir eine Ladung des Edelsten in's
Haus, —
4 Des Edelsten und Schönsten, was je ein
Land gebar!
Du blicksst mich an und zauderst? Mein Wort
ist sonnenklar!
Drum keine Frage weiter! bei meinem Zorne,
geh',
Und eh' der Abend dunkelt, sei auf der
hohen See!“
5 Gelöst sind schon die Anker, die Segel
schon gebläht;
Der Seemann brütet finster, wohin die Fahrt
nun geht.
Er blickt zum Sternenhimmel: „Du, Weisheit,
sei mir hold!
schönstes? sind's Perlen?
ist es Gold?
falscher Schimmer, er ist
der Menschen Fluch! —
Und hat sie nicht des Goldes, der Perlen
längst genug?
Ihr Palast glänzt von Marmor und schnee'—
gem Elfenbein;
Doch für der Armuth Thränen ist ihre Brust
von Stein.“
7 Er sinnt — dann ruft er plötzlich: „Ich
wag's auf ihren Zorn!
Ich bring' ihr eine Ladung von edlem, schö—
nem Korn.
Was gleicht an Werth dem Korne, das uns
das Brot bescheert?
Deß Jedermann aufs Neue mit jedem Tag
begehrt?
8 Vielleicht hat sie der Lehre, der stummen
Mahnung Acht,
Vielleicht, daß endlich Mitleid in ihrer Brust
erwacht:
132. Die Jungfrau von Stavoren.
1. Am Süderseegestade, da hob sich einst
voll Glanz,
Im Meere stolz gespienenn Stavorens Häuser—
ranz.