Full text: [Teil 4 = (8. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 4 = (8. Schuljahr), [Schülerband])

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161. Die Spinnerin. 
Alice von Gaudy. 
1. Sie sitzt am flackernden Feuer und spinnt. 
Ihr Auge starrt, und die Seele sinnt 
Und wandert zurück in entschwundene Zeit 
Und kostet noch einmal Glück und Leid. 
Ein Scheit in die Flammen. Es lodert die Glut 
Und rinnt und rieselt wie rotes Blut: 
Die Greisin sieht — ihr zittert die Hand — 
Den Gatten, gestürzt von der Felsenwand. 
Der wackerste Führer im Glocknergebiet.. 
Das Rädchen schnurrt sein eintönig Lied. 
2. Ein anderes Scheit. — O trauriges Los: 
Sie zog die drei Buben in Mühsal groß. 
Der Franz, der erste, ein schmucker Gesell, 
Die Augen so leuchtend und falkenhell, 
So fröhlich sein Herz und der Stimme Klang, 
Voll Lebensfreude — voll Jugenddrang ... 
Er mußte zum Kriege nach Welschland hinein: 
Bei Solferidöañ — 
Das Rad hält ein. 
3. Und wieder ein Scheit in die zuckende Glut. 
Wie war der Nazi, der zweite, so gut! 
Wie eifrig ging er dem Pfarrer zur hand 
Mit Rauchfaß und Glöcklein als Ministrant, 
Und schaffte für sie, der schweigsame Sohn, 
Im Walde um kärglichen Tagelohn. 
Doch als die tückische Seuche genaht — 
Die tuctische Seuche — 
Es säumt das Rad. 
4. Das letzte Scheit. Die Flamme zischt auf. 
Wild schwingt sich die Haspel in zornigem Lauf, 
Und der feine glänzende Fäden reißt ... 
Der Wenzel, das war ein Feuergeist, 
Der oft ihr mahnendes Wort verlacht, 
Der sie in Jammer und Schande gebracht. 
Bei Nacht und Nebel mußt' er entfliehn — 
— — Wo mag er jetzt durch die Lande ziehn? 
Vielleicht im Elend, in Seelennot? 
Es drückt ihr das herz ab. — O, wäre er tot!
	        
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