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Wände mit Gewalt zu sprengen, um für sein vergrößertes Volumen Platz
zu finden. Was nun in einen: Kruge oder Wasserfasse vor sich geht, findet
auch innerhalb der kleinen Wasserteilchen statt, die zwischen den Sand¬
körnern des Bodens und der Gesteine eingeschlossen sind. Der Frost dehnt
sie aus, und sie schieben diese Sandkörner oder Erdpartikelchen beiseite.
An einem Wintermorgen, nach einer Nacht mit scharfem Froste bemerken
wir, daß die Ausdehnung groß genug gewesen ist, un: die kleinen Kiesel
und Steine einer Straße aus ihrer Lage ZU bringen. So werden auch in
Ländern, die wie Kanada ungewöhnlich strenge Winter haben, Holz¬
zäune im Laufe eines oder zweier Jahre aus dem Boden gehoben.
Erst bei Tauwetter werden wir die Wirkungen des Frostes in ihrem
ganzen Umfange gewahr. Solange die Kälte anhält, hängen die einzelnen
Teilchen des Bodens durch das Eis zusammen, das sie zu einer harten,
festen Masse verbindet. Aber wenn das Eis schmilzt, werden die Sand¬
körner und Erdklöße voneinander getrennt. Gehen wir dann auf einen:
Wege oder über ein gepflügtes Feld, so finden wir eine so bedeutende
Auflockerung des Bodens unter unseren Füßen, daß dieser mit Schlamm
bedeckt erscheint. In der Tat bringen die Millionen kleiner Eiskügelchen,
welche der Frost zwischen die Körner des Bodens einkeilt, so ziemlich die¬
selbe Wirkung hervor, als wenn die Erde in einer Mühle oder einem Mörser
zermalmt würde. Sie pulverisieren dieselbe, verwandeln sie in Staub
und schließen sie dadurch den verzweigten Wurzeln der Pflanzen auf,
die einen so wichtigen Teil ihrer Nahrung aus dem Boden ziehen. Die
Landleute pflegen ihr Land vorzupflügen, ehe die kalte Jahreszeit eintritt,
um den aufgewühlten Ackerboden der nutzbringenden Einwirkung der
konunenden Fröste auszusetzen.
Die mächtigen mechanischen Wirkungen des Frostes sind im Acker-
boden so gut zu beobachten, weil gewöhnlich eine große Menge Feuchtigkeit
in ihm vorhanden ist. Aber jedes poröse Gestein, das Wasser genug enthält
und genügender Kälte ausgesetzt ist, zeigt dieselbe Art der Auflockerung.
Daher beobachtet man in Ländern, wo die Winter kalt sind, daß die gewöhn¬
lichen Bausteine und der Mörtel sich oft in flachen Schichten abblättern oder
in feinen Staub zerfallen, wenn die Kälte den: milderen Wetter gewichen
ist. Auch in den: verhältnismäßig milden Winter Deutschlands kann n:ai:
dies beobachten; in dem kalten Klima von Nordamerika ist diese Verwitterung
des Gesteins ein gefährlicher und kostspieliger Übelstand, da er die An¬
wendung von vielen Arten von Bausteinen verhindert, die bei mildem
Klima sehr wertvoll sein würden.
Von den: Wasser, welches in die Poren des Erdbodens und der Ge¬
steine eindringt und daselbst gefriert, gehen lvir zur Bildung des Eises in