Full text: Klasse 3 - 1 ; Gedichte (Teil 10, [Schülerband])

Heinrich Heine. 
181* 
—9 
3. Plötzlich fallen auf dich nieder 
Weiße Flocken, und verdrossen 
Meinst du schon, mit Schneegestöber 
Hab' der Baum dich übergossen. 
5. Welch ein schauersüßer Zauber! 
Winter wandelt sich in Maie; 
Schnee verwandelt sich in Blüten, 
Und dein Herz, es liebt aufs neue. 
4. Doch es ist kein Schneegestöber; 
Merkt es bald mit freud'gem Schrecken; 
Duft'ge Frühlingsblüten sind es, 
Die dich necken und bedecken. 
225. Meergruß. 
Thalatta! Thalatta! 
Sei mir gegrüßt, du ewiges Meer, 
Sei mir gegrüßt zehntausendmal 
Aus jauchzendem Herzen, 
Wie einst dich begrüßten 
Zehntausend Griechenherzen, 
Unglückbekämpfende, heimatverlangende, 
Weltberühmte Griechenherzen. 
Es wogen die Fluten, 
Sie wogten und brausten, 
Die Sonne goß eilig herunter 
Die spielenden Rosenlichter, 
Die aufgescheuchten Möwenzüge 
Flatterten fort, laut schreiend, 
Es stampften die Rosse, es klirrten die Schilde, 
Und weithin erscholl es wie Siegesruf: 
„Thalatta! Thalatta!“ 
Sei mir gegrüßt, du ewiges Meer, 
Wie Sprache der Heimat rauscht mir dein Wasser, 
Wie Träume der Kindheit seh' ich es flimmern 
Auf deinem wogenden Wellengebiet, 
Und alte Erinn'rung erzählt mir aufs neue 
Von all dem lieben, herrlichen Spielzeug, 
Von all den blinkenden Weihnachtsgaben, 
Von all den roten Korallenbäumen, 
Goldfischchen, Perlen und bunten Muscheln, 
Die du geheimnisvoll bewahrst 
Dort unten im klaren Kristallhaus. 
O, wie hab' ich geschmachtet in öder Fremde: 
Gleich einer welken Blume 
In des Botanikers blecherner Kapsel 
Lag mir das Herz in der Brust.
	        
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