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Jung-Stilling. Kaiserin Augusta.
Der Graf gelobte es ihm, und die Fuhrleute fuhren nach Hause-
Dieser mein Großvater hatte im zweiundzwanzigsten Jahre ge¬
heiratet, und im vierundzwanzigsten, nämlich 1620, bekam er einen
Sohn, Hans Stilling- dieser war mein Vater. Er lebte ruhig, war¬
tete seines Ackerbaues und diente Gott. Er hatte den ganzen drei¬
ßigjährigen Krieg erlebt und war öfters in die äußerste Armut
geraten. Er hat zehn Kinder erzeugt, unter welchen ich der jüngste
bin. Ich wurde 1680 geboren, eben da mein Vater sechzig Jahre
alt war. Ich habe, Gott sei Dank! Ruhe genossen und mein
Gut wiederum von allen Schulden befreiet. Mein Vater starb 1724A
im 104. Jahre seines Alters — ich habe ihn wie ein Kind verpflegen
müssen — und liegt zu Florenburg bei seinen Voreltern begraben."
Heinrich Stilling hatte mit größter Aufmerksamkeit zuge¬
höret. Nun sprach er: „Gott sei Dank, daß ich solche Eltern ge¬
habt habe! Ich will sie alle nett aufschreiben, damit ichs nicht
vergesse. Die Ritter nennen ihre Voreltern Ahnen, ich will sie
auch meine Ahnen heißen." Der Großvater lächelte und schwiege
Des andern Tages gingen sie wieder nach Hause, und
Heinrich schrieb alle die Erzählungen in ein altes Schreibbuck,
das er umkehrte und die hinten weiß gebliebenen Blätter mit
seinen Ahnen vollpfropfte.
Kaiserin Augusta (1811—1890).
62. Brief an einen Freund ihres Sohnes.
jAls Kaiser Wilhelm noch Prinz von Preußen war, berief
er auf Anregung seiner Gemahlin den Professor Ernst Curtius
zum Erzieher seines Sohnes- derselbe zog außerdem die besten
Lehrer der Residenz heran, um dem Prinzen eine Gymnasial¬
bildung zu geben, die ihn zum Besuche der Universität vor¬
bereitete.
Um die Vorteile des gemeinschaftlichen Unterrichts und der
Kameradschaft eines gleichaltrigen Knaben zu verschaffen, wurde
Rudolf von Zastrow als Mitschüler dem Prinzen beigegeben.