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so singen die Burschen und Mädchen dem jungen paare zu Ehren das
Hochzeitslied. Eines dieser Lieder ist einem der Gesänge des Kirchen-
gesangbuches nachgebildet und wird auch choralmäßig nach der bekannten
Weise „Wie schön leuchtet der Morgenstern" gesungen. Lin anderes
ist in allen Provinzen des Hessenlandes im Gebrauch- es beginnt mit
den Worten: „Mir gefällt das Lh'standsleben". Bald aber tritt der
Tanz in sein Necht. Die große Stube ist ausgeräumt. Die Klten sitzen
in der Kammer nebenan und rauchen ihre Pfeifen, für die der Tabak
auf Zinntellern aufgelegt ist, die Jugend aber gibt sich dem Tanze hin.
Den sogenannten „Brautreigen" tanzt der junge Mann mit seiner Frau
allein. Bei diesem Tanz müssen sie ohne Unterbrechung bis zum Ende
ausharren. Daran reihen sich die allgemeinen Tänze, die wieder durch
gemeinsame Lieder unterbrochen werden. Zum Nachtessen wird tüchtig
aufgetragen. Zu Neisbrei, gekochten Zwetfchen und Salat kommen große
Schüsseln mit Braten und Würsten mancherlei Urt. Buch Butter und
Käse sind reichlich vorhanden. Natürlich wird draußen in der Küche
auch die Kaffeemühle fleißig gedreht, damit es den Freunden des braunen
Getränkes daran nicht fehle. Ist die Gesellschaft so einigermaßen ge¬
sättigt, so bringt -ein Spaßmacher im Odenwalddörfchen die weinende
Köchin herbei und erklärt in launiger Nede, daß der fleißigen Frau
bei ihrer Nrbeit draußen am Herd die Schürze verbrannt sei. Deshalb
sei sie so traurig. Die Gäste wissen wohl, was das zu bedeuten hat,
und jeder der Geladenen holt seinen Geldbeutel hervor, um für die
Köchin eine Gabe beizusteuern. Buch an verschiedenen Orten der übrigen m -
Teile unseres Landes kennt man diesen Brauch.
Früher dauerte ein solches hochzeitsfest oft mehrere Tage,- jetzt
reicht die Feier bis in den zweiten Tag hinein. Manchmal noch findet
sich die Sitte, daß am Nachmittag der ganze Hochzeitsschwarm auszieht,
die Musikanten an der Spitze, einen Gang durch das Dorf zu unternehmen.
Dabei wird dann auch das Gotenkissen geholt. Nach einiger Zeit erscheint
der Zug wieder, voran schreitet ein Mädchen,- in einem großen Korbe
bringt es ein mit bunten Bändern bestecktes Kissen. Nun ist die Zeit
gekommen, das junge paar zu beschenken. Die Gäste sind alle ver¬
sammelt. Nuf dem Tische steht ein zinnerner Teller. Tiner der Paten
erhebt sich zu einer Nede. „Die jungen Eheleute wollen nun ihren eigenen
Hausstand beginnen. Dazu brauchen sie allerlei, Schiff und Geschirr,
Hausrat und vieles andere. Wer dem Brautpaar die Ehre angetan hat
zu kommen, der möge nun noch eine Beisteuer geben." Daraufhin legen
die Gäste Geldstücke in den Teller. Manchmal wird die Gabe des Ein¬
zelnen sogar in eine Liste eingetragen. Diele schenken auch Hausrat für
die neue Einrichtung. Während diese Gaben überreicht werden, steht