Trümmer. „Ihre Dächer sind zerfallen, und der Wind streicht durch die
fallen, Wolken ziehen drüber hin." Venn viel hat die Zeit und die
Menschenhand an der Burg zerstört. Zwar sind noch die Mauern des
Palas, der 1800 noch bewohnbar war, und die Ztümpfe zweier mächtiger
Türme erhalten,' aber mitten in die alte Feste ist die Kirche eingebaut,
gewiß aus Bausteinen der zerfallenen Bauten errichtet, und es fällt
selbst dem geübten Buge nicht leicht, sich in Gedanken alles wieder
herzustellen. Daß es uralter Kulturboden ist, auf dem wir stehen, zeigt
der Grabstein des Bomers Liberalis, der bereits im l7. Jahrhundert
an dem viereckigen Turm eingemauert war und jetzt im Zchloßhof steht.
Ñber auch Zagen knüpfen sich an diese Ztätte. Die eine läßt Karl den
Großen hier mit besonderer Vorliebe verweilen, weil seine Gemahlin
Fasttadane einen Bing in den Burgteich geworfen und den Baiser da¬
durch an das einsame Zchloß gefesselt habe.
Ñus der alten Baiserzeit haben sich in den noch heute stundenweit
ausgedehnten Waldungen keine Erinnerungen erhalten,' das Hörner¬
klingen und das Gebell der Meute ist verhallt, unter dem die Herren
einst zur Jagd auszogen. Ñber immer ist dies Waldgebiet eine Ztätte
fröhlichen Jagens geblieben. Wer zu Fuß nach Darmstadt durch die
schattigen Wälder wandert, den erinnern bald an der Dianaburg, am
Georgenbrunnen und anderen Grten die originellen Verse auf Tafeln
an die ,,raren Zchüsse", die dem großen Jäger Landgraf Lud¬
wig VIII. und seinen fürstlichen Gästen in diesem einst wohlbesetzten
Jagdrevier gelungen sind. Bis in die unmittelbare Bähe des
Jagdschlosses Branichstein und auch nahe an Darmstadt dehnt sich jetzt
der großherzogliche Wildpark aus — ein reizend friedliches Bild, wenn
an schönem Zommerabend langsam die Budel Hochwild über die Wiesen
ziehen!
64. Oppenheim.
L. tlnthes, hessischer Kalender 1907.
„Man sagt weit und breit, Oppenheim liege der Gegend nach als
Jerusalem, das Zchloß als Davids Burg, die Kirche als der Tempel
Zalomonis," so erzählt eine Oppenheimer Ehronik von 1643, und der
vergleich der schöngelegenen Bheinstadt mit dem hochgebauten
Jerusalem kehrt wiederholt wieder. In der Tat, man konnte das Bild
weiter ausspinnen, denn auch die Zchicksale der beiden Ztädte zeigen
Verwandtschaft: bei beiden hat eine furchtbare Katastrophe die Blüte
geknickt. Km selben Tag wie die alten Ztädte Zpeier und Worms, am
dritten pfingstfeiertag 1689, sollte auch Oppenheim ein Baub der Flammen