Full text: [Band 3 = Quarta, [Schülerband]] (Band 3 = Quarta, [Schülerband])

Ermenrich zunächst zum Zeichen der Untertänigkeit Zins von 
Dietrich. Aber dieser erklärte, er werde niemals Schatzung zahlen 
von einem Lande, das er mit gutem Rechte besitze. Der Oheim 
aber sprach auf die Kunde hiervon: „Ich sehe wohl, sein Über¬ 
mut ist ohne Grenzen. Das soll er mit seinem Throne und Leben 
entgelten!" Kaum vernahm Wittich diese Worte aus dem Munde 
des Königs, so ging er zu seinem Rosse Schemming und ritt davon, 
Tag und Nacht, so schnell er konnte. Aber Ermenrich bot zur 
selben Stunde seine sämtlichen Mannen zur Kriegsfahrt auf und 
zog mit größter Eile gegen Dietrich. Um Mitternacht kam Wittich 
vor Bern an und fand die Burgtore verschlossen. Doch die Wächter 
wurden ihn gewahr und gingen hinab, ihn einzulassen. Dietrich 
eilte dem alten Waffengenossen entgegen und empfing ihn aufs 
freundlichste. „Was bringst du mir für Kunde?" fragte er ihn. 
Da antwortete Wittich: „Schlimmes habe ich dir zu melden: bleibst 
du noch einen Tag hier zu Bern, so wird König Ermenrich mit 
einem ungeheuren Heere dich überfallen. Denn übel bist du bei 
ihm verleumdet worden, also daß er dich ermorden will wie seine 
andern Blutsfreunde." Nach diesen Worten schied Wittich wieder 
von dannen, ehe nur König Dietrich sich vor Staunen fassen konnte. 
Aber nicht lange überließ sich der edle Held seinem Schmerze; 
er ging in den Königssaal, ließ die Hörner blasen, berief zu sich 
alle seine Häuptlinge und Ritter und erzählte ihnen, welche Märe 
Wittich gebracht habe. Also schloß er seine Rede: „Uns bleibt 
nur eine Wahl: entweder wir erwarten König Ermenrich, dann 
wird er manchen guten Helden verlieren, zuletzt aber werden wir 
vor der Übermacht erliegen; oder wir rüsten uns und verlassen unsre 
Burg, Gott mag wissen, wann wir sie wiedersehen. Aber so werden 
unsre Weiber und Kinder doch am Leben bleiben, und wir selbst 
finden vielleicht in der Fremde einmal die Mittel zur Heimkehr 
und zur Rache." 
Alle Mannen rüsteten sich zum Aufbruch; Rossegewieher und 
Waffenklirren, laute Rufe und Hörnerschall ertönten in der stillen 
Nacht. Da rief der wackere Meister Hildebrand, das Königsbanner 
hoch in der Rechten schwingend: „Ihr guten Helden, seid frohen 
Mutes! Ich will euch die Straße weisen." 
Nordwärts ging der Zug der landflüchtigen Recken den Alpen 
zu, bis die Heimatlosen zu einer schönen Burg kamen, die an der 
Donau lag und Bechelaren hieß. Über diese gebot der reiche 
Markgraf Rüdiger. Als er nun sagen hörte, daß König Dietrich 
von Bern seiner Burg nahe gekommen sei, hieß er seine Mannen
	        
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