Ermenrich zunächst zum Zeichen der Untertänigkeit Zins von
Dietrich. Aber dieser erklärte, er werde niemals Schatzung zahlen
von einem Lande, das er mit gutem Rechte besitze. Der Oheim
aber sprach auf die Kunde hiervon: „Ich sehe wohl, sein Über¬
mut ist ohne Grenzen. Das soll er mit seinem Throne und Leben
entgelten!" Kaum vernahm Wittich diese Worte aus dem Munde
des Königs, so ging er zu seinem Rosse Schemming und ritt davon,
Tag und Nacht, so schnell er konnte. Aber Ermenrich bot zur
selben Stunde seine sämtlichen Mannen zur Kriegsfahrt auf und
zog mit größter Eile gegen Dietrich. Um Mitternacht kam Wittich
vor Bern an und fand die Burgtore verschlossen. Doch die Wächter
wurden ihn gewahr und gingen hinab, ihn einzulassen. Dietrich
eilte dem alten Waffengenossen entgegen und empfing ihn aufs
freundlichste. „Was bringst du mir für Kunde?" fragte er ihn.
Da antwortete Wittich: „Schlimmes habe ich dir zu melden: bleibst
du noch einen Tag hier zu Bern, so wird König Ermenrich mit
einem ungeheuren Heere dich überfallen. Denn übel bist du bei
ihm verleumdet worden, also daß er dich ermorden will wie seine
andern Blutsfreunde." Nach diesen Worten schied Wittich wieder
von dannen, ehe nur König Dietrich sich vor Staunen fassen konnte.
Aber nicht lange überließ sich der edle Held seinem Schmerze;
er ging in den Königssaal, ließ die Hörner blasen, berief zu sich
alle seine Häuptlinge und Ritter und erzählte ihnen, welche Märe
Wittich gebracht habe. Also schloß er seine Rede: „Uns bleibt
nur eine Wahl: entweder wir erwarten König Ermenrich, dann
wird er manchen guten Helden verlieren, zuletzt aber werden wir
vor der Übermacht erliegen; oder wir rüsten uns und verlassen unsre
Burg, Gott mag wissen, wann wir sie wiedersehen. Aber so werden
unsre Weiber und Kinder doch am Leben bleiben, und wir selbst
finden vielleicht in der Fremde einmal die Mittel zur Heimkehr
und zur Rache."
Alle Mannen rüsteten sich zum Aufbruch; Rossegewieher und
Waffenklirren, laute Rufe und Hörnerschall ertönten in der stillen
Nacht. Da rief der wackere Meister Hildebrand, das Königsbanner
hoch in der Rechten schwingend: „Ihr guten Helden, seid frohen
Mutes! Ich will euch die Straße weisen."
Nordwärts ging der Zug der landflüchtigen Recken den Alpen
zu, bis die Heimatlosen zu einer schönen Burg kamen, die an der
Donau lag und Bechelaren hieß. Über diese gebot der reiche
Markgraf Rüdiger. Als er nun sagen hörte, daß König Dietrich
von Bern seiner Burg nahe gekommen sei, hieß er seine Mannen