Full text: [Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband])

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nehmlichkeit des preußischen Bündnisses aufwiegen würden. Denn ein 
Preußen, das, wie er sich ausdrückte, „der Erbschaft Friedrichs des Großen 
entsagte,“ um sich seiner wahren, providentiellen Bestimmung als Reichs— 
Erzkämmerer hingeben zu können, bestehe in Europa nicht; und ehe ich 
zu einer derartigen Politik zu hause riete, würde eine Entscheidung 
durch den Degen vorhergehen müssen. Er verglich Preußen mit einem 
Manne, der einmal in der Lotterie 100000 Taler gewonnen hat und 
seinen Haushalt auf die jährliche Wiederkehr dieses Ereignisses einrichte. 
Ich erwiderte ihm, wenn diese Ansichten in Wien so klar wären wie bei 
ihm, so sähe ich allerdings voraus, daß Preußen nochmals in der be— 
wußten Lotterie werde setzen müssen. Ob es gewinnen werde, stehe 
bei Gott. 
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Bezeichnend ist auch folgende Geschichte, die Bismarck einst 
Freunden erzählte: 
Bei den Sitzungen der Militärkommission des Bundestags hatte, als 
Rochow Preußen dort vertrat, Osterreich allein geraucht. Rochow hätte als 
leidenschaftlicher Raucher es auch gern getan, getraute sich aber nicht. 
Als ich nun hinzukam und nicht einsah, warum nicht, ließ ich mir von 
der Präsidialmacht Feuer geben, was von ihr und den anderen herren 
mit Erstaunen und Mißvergnügen bemerkt zu werden schien. Es war 
offenbar für sie ein Ereignis. Für diesmal rauchten nun bloß Osterreich 
und Preußen. Aber die anderen Herren hielten das augenscheinlich für 
so wichtig, daß sie darüber nach hause berichteten. Auch nach Berlin 
muß man's geschrieben haben; denn es erfolgte eine Anfrage von dort. Die 
Sache erforderte an den kleineren höfen reifliche Überlegung, und es dauerte 
wohl ein halbes Jahr, daß nur die beiden Großmächte rauchten. Dar— 
auf begann auch Schrenck, der bayerische Gesandte, die Würde seiner 
Stellung durch Rauchen zu wahren. Der Sachse Nostiz hatte ohne 
Zweifel auch große Lust dazu, aber wohl noch keine Erlaubnis von 
seinem Minister. Als er aber das nächstemal sah, daß der hannoveraner 
Bothmer sich eine genehmigte, mußte er, der eifrig österreichisch war — 
er hatte dort Söhne in der Armee — sich mit seinem Nachbar schon ver— 
ständigt haben, denn er zog jetzt ebenfalls vom Leder und dampfte. Nun 
waren noch der Württemberger (von Reinhard) und der Darmstädter 
(v. Münch-Bellinghausen) übrig, und die rauchten überhaupt nicht. Aber 
die Ehre und die Bedeutung ihrer Staaten erforderten es gebieterisch, 
und so langte richtig das folgendemal der Württemberger eine Zigarre 
heraus — ich sehe ihn noch damit: es war ein langes, dünnes und hell— 
gelbes Ding, Kouleur Roggenstroh — und rauchte mit mürrischer Ent—
	        
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