Full text: [Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband])

353517 
wickelt sich die Industrie mächtig, und ihr Wettbewerb wird der deutschen 
gefährlich werden können. Von den Vereinigten Staaten z. B. beziehen 
wir fast ausschließlich unseren gewaltigen Bedarf an Baumwolle, die in 
unseren Spinnereien und Webereien zu fertiger Ware verarbeitet wird; 
diese geht dann, soweit sie nicht zur Deckung des inländischen Bedarfs 
dient, wieder ins Ausland. Nun sind aber die Vereinigten Staaten be— 
strebt, ihre Textilindustrie zu heben und womöglich ihre gesamte Baum— 
wolle selbst zu verarbeiten. Gelingt ihnen dies, so kann es für einen 
wichtigen Zweig des deutschen Gewerbefleißes und handels verhängnis— 
voll werden. Wir müssen immer mit der Möglichkeit rechnen, daß fremde 
Regierungen durch Zölle, die sie auf unsere Einfuhr legen, diese ganz 
oder teilweise verhindern und uns damit wichtiger, ja unentbehrlicher 
Einnahmequellen berauben. 
Die ernsteste Gefahr aber droht unserem Volke, seitdem es Welt— 
wirtschoft treibt, im Falle eines Krieges mit einem uns zur See über— 
legenen Gegner. Unser Außenhandel ist ja zumeist Seehandel; die deutsche 
handelsflotte ist die zweitgrößte der Welt. Gelingt es nun dem Feinde, 
unsere Kriegsflotte zu vernichten, so ist es ihm ohne weiteres möglich, 
die deutschen handelsschiffe, die sich noch auf die offene See wagen, 
abzufangen, unsere häfen zu blockieren und somit den größten Teil unseres 
wirtschaftlichen Verkehrs mit dem Auslande zu unterbinden. Dies müßte 
aber die oben geschilderte verhängnisvolle Wirkung haben. Vor etwa 
bO Jahren gab es eine derartige Gefahr für uns noch nicht. 
Solcher Gefahren ist sich die deutsche Reichsregierung auch wohl be— 
wußt und sucht ihnen nach Kräften zu begegnen. So unterhält sie 
zur Vertretung der deutschen wirtschaftlichen Interessen im Auslande Ge— 
sandte, Botschafter und Konsuln; sie bemüht sich, mit fremden Staaten 
handelsverträge abzuschließen, die dem deutschen Kaufmann in den be— 
treffenden Ländern unter günstigen oder wenigstens erträglichen Be— 
dingungen zu arbeiten ermöglichen. Manche Länder, wie China und 
Marokko, sind als Märkte sehr wichtig, aber zu schlecht regiert und zu 
machtlos, um selbständig darüber entscheiden zu können, mit welchen 
Ländern sie vorwiegend Handel treiben wollen. Um ihre wirtschaftliche 
Erschließung und Ausnutzung streiten sich die wichtigsten Welthandels— 
staaten. Da ist es denn die Aufgabe unserer Regierung, darüber zu wachen, 
daß Deutschland dabei nicht zu kurz kommt. So mußte jüngst ein Vor— 
gehen Frankreichs, das seiner Industrie und seinem Handel die Allein— 
herrschaft in Marokko sichern sollte, zurückgewiesen werden. 
Ferner hat das Reich Kolonien erworben, überseeische Gebiete, deren 
Märkte uns immer, solange nicht Waffengewalt uns den Weg sperrt, offen 
stehen. Sie geben uns ihre Rohstoffe und empfangen dafür unsere In—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.