Full text: [Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Band 5 = Ober-Tertia und Unter-Sekunda, [Schülerband])

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156. Die Kraniche des Ibykus. 
Sriedrich von Schiller. 
6. 
Zum Kampf der Wagen und Gesänge, Und schwer getroffen sinkt er nieder. 
Der auf Korinthus' Landesenge Da rauscht der Kraniche Gefieder; 
Der Griechen Stämme froh vereint, Er hört, schon kann er nicht mehrsehn, 
3og Ibykus, der Götterfreund. Die nahen Stimmen furchtbar krähn. 
Ihm schenkte des Gesanges Gabe, „Von euch, ihr Kraniche dort oben, 
Der Lieder süßen Mund Apoll; Wenn keine andre Stimme spricht, 
So wandert' er am leichten Stabe Sei meines Mordes Klag' erhoben!“ 
fAus Rhegium, des Gottes voll. Er ruft es, und sein Auge bricht. 
. 
Schon winkt auf hohem Bergesrücken Der nackte Leichnam wird gefunden, 
Akrokorinth des Wandrers Blicken, Undbald, obgleich entstelltvon Wunden, 
Und in Poseidons Fichtenhain Erkennt der Gastfreund in Korinth 
Tritt er mit frommem Schauder ein. Die Züge, die ihm teuer sind. 
Nichts regt sichum ihn her, nurschwär- „Und muß ich so dich wieder finden 
Von Kranichen begleiten ihn, lme Und hoffte, mit der Fichte Kranz 
Die fernhin nach des Südens Wärme Des Sängers Schläfe zu umwinden, 
In graulichtem Geschwader ziehn. Bestrahlt von seines Ruhmes Glanz!“ 
3. 8. 
eid mir gegrüßt, befreund'tescharen, Und jammernd hoͤren's alle Gäste, 
Die mir zur See Begleiter waren, Versammelt bei Poseidons Feste, 
Zum guten Zeichen nehm' ich euch; Ganz Griechenland ergreift der 
Mein Los, es ist dem euren gleich: Schmerz, 
Von fern her kommen wir gezogen Verloren hat ihn jedes Herz. 
Und flehen um ein wirtlich Dach — Undstürmend drängt sich zum Prytanen 
Sei uns der Gastliche gewogen, Das Volk, es fordert seine Wut, 
Der von dem Fremoͤling wehrt die Zu rächen des Erschlagnen Manen, 
Schmach!“ Zu sühnen mit des Mörders Blut. 
4. 
Und munter fördert er die Schritte 
Und sieht sich in des Waldes Mitte; 
Da sperren auf gedrangem Steg 
Zwei Mörder plötzlich seinen Weg. 
Zum Kampfe muß er sich bereiten, 
Doch bald ermattet sinkt die hand, 
Sie hat der Leier zarte Saiten, 
Doch nie des Bogens Kraft gespannt. 
5. 
Er ruft die Menschen an, die Götter, 
Sein Slehen dringt zu keinem Retter; 
Wie weit er auch die Stimme schickt, 
Nichts Lebendes wird hier erblickt. 
„So muß ich hier verlassen sterben, 
Auf fremdem Boden, unbeweint, 
Durch böser Buben hand verderben, 
Wo auch kein Rächer mir erscheint!“ 
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Doch wo die Spur, die aus der Menge, 
Der Völker flutendem Gedränge, 
Gelocket von der Spiele Pracht, 
Denschwarzen Täter kenntlich macht? 
Sind's Räuber, die ihn feig erschlagen? 
Tat's neidisch ein verborgner Feind? 
Nur helios vermag's zu sagen, 
Der alles Irdische bescheint. 
10. 
Er geht vielleicht mit frechem Schritte 
Jetzt eben durch der Griechen Mitte, 
Und während ihn die Kache sucht, 
Genießt er seines Frevels Frucht. 
Auf ihres eignen Tempels Schwelle 
Trotzt er vielleicht den Göttern, mengt 
Sich dreist in jene Menschenwelle, 
Die dort sich zum Theater drängt.
	        
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