Full text: [Band 5, [Schülerband]] (Band 5, [Schülerband])

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Ich trete hinaus in die Lichtung. Ein zitternder Lufthauch 
rieselt nur entgegen, schmeichelt mit den Locken, küßt die Wangen, 
daß sie sich röten. Hellgrünes Heidegbüsch mit den roten Blüten¬ 
glöckchen der Beeren hier und dunkelglänzendes Preiselbeerkraut, 
der immergrüne Lorbeer unserer Alpen für den würdigen Dichter 
des Waldes, so einer zur Welt geboren wird. Die Waldbiene 
surrt herum auf den Sträuchern und jedes Blatt ist für sie ein 
gedeckter Tisch. 
Und über dieser dämmernden, duftenden Flur erhebt sich 
ein schwarzer Strunk, mit dern gehobenen Arm seines kahlen 
Astes trotzig dem Himmel drohend, weil dieser durch einen nächt¬ 
lichen Blitzstrahl ihm das Haupt gespalten. Und es erhebt sich dort 
graues, zerklüftetes Gestein, in dessen Spalten sich behende die 
Eidechse birgt und die schimmernde Natter und an dessen Fuße 
die breiten, durchbrochenen Blätter der Farnkräuter, und die 
blauen, allfort grußschwankenden Hütchen der Enziane wuchern. 
Weiterhin, wo sich die Quelle befreit und aus ihren: dunkel¬ 
schattigen Grunde schimmert, wachsen an ihrem Ufer die tausend 
Herzen des Sauerklees und der heilsamen Wildkresse, die der 
Hirsch so gerne pflückt und das Reh, auf daß sie ihre Lunge nicht 
verlasse zur gefährlichen Stunde der Flucht. 
An der Lehne neben Dornstrauch und wilden Rosen liegt, 
vom Sturme hingeworfen, seit vielen Jahren das Gerippe einer- 
mächtigen Fichte, schier weiß, wie Elfenbein. Hoch ragen ihre 
Wurzeln auf wie einst ihr Wipfel und eine Schnecke hat sich ver¬ 
irrt in einen starren Zweig der Wurzel hinaus und kann ihren 
Weg zum Erdreich kaum finden. 
Wo kein Weg geht, dort geht der meine — wo es eint steilsten 
ist, wo das Gefilze der Erlenbüsche und Dornsträucher am dichtesten 
ist, wo die Hundsbeere wächst, wo die Natter raschelt im gelben 
Buchenlaub des vergangenen Jahres. Wildhühner erschrecken 
vor mir und ich vor ihnen und meine Füße sind das Elementar- 
unglück der Ameisen und mein vordringender Körper ist die 
Geißel Gottes der Spinnen, deren Bau zugrunde geht an diesen: 
Sommertage. 
Es ist eine Lust, so in die Wildnis zu dringen, ins Däm-
	        
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