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ihrer Väter, die sie den Gräbern entrissen um sie vor der Schän¬
dung durch die fanatischen Türkenhorden zu retten: alles aber
übertönen die düsteren Klagelieder.
Von ihrer Heimat scheiden sie, von ihrer trauten Heimat
Und küssen scheidend Fels und Land und einmal noch die Erde.
In der Fremde sterben, fern den Deinigen, ist der gräßlichste
Gedanke für den heimatfrohen Griechen, Jin Volkslied gibt
diesem Gefühl kurzen, aber überwältigenden Ausdruck:
Ich bitte, Herr, ich bitte dich, zu dir mein Gott, ich flehe,
Wer in der Fremde weilt, schütz' ihn, Herr, laß nicht krank ihn
werden.
Wird krank er, braucht Bettdecken er und muß Kopfkissen haben,
Die Mutter will er neben sich, die Frau zur Seite haben
Und nach dem Sohn verlangt er auch, daß er frisches Wasser
bringe,
Mit meinen Augen sah ich's selbst, bei einem, der gestorben:
Sie nahmen ihn, sie trugen ihn wie einen Hund zu Grabe,
Kein Weihrauch, keine Kerze auch, kein Priester und kein Sänger!
Uber die Trennung von Heimat und Mütterlein klagt ein Volks¬
lied der polnischen Oberschlesier:
Aber gut ist's nimmer
In der weiten Welt draus
Sich umherzutreiben.
Deshalb möchte das Mädchen in der Fremde ein kleines Vöglein
werden, um sich unter Mütterleins Fenster zu setzen, denn
gut ist's bei der lieben Mutter!
Niemals fühlt das Herz der Verlassenen so sehr sein Leid, als
zur Weihnachtszeit; tiefrührend spricht das folgendes oberschle¬
sisch-polnisches Volkslied aus:
Lieber Gott! Weihnacht ist heute,
Freu'n daheim sich alle Leute.
Nur ich armes Kind nmß wandern
Von dem einen Dienst zum andern.
Freunde gar nicht nach mir fragen,
Leben alle in Behagen.