--WM»-r
113
Ta nahet ein Ritter aus Frankenland,
Ein Riese an Größe zu schauen,
An Mut und Kraft kein ihm gleicher- bekannt,
Ein Held bei Männern und Frauen,
Der hängte zum Hohn den Deutschen an
Sein mächtiges Schild, mit der Inschrift dran,
Ob irgend es wage ein deutscher Mann,
Mit ihm eine Lanze zu brechen?
Es tät manch wackerer Ritter vorbei
Dem höhnenden Schilde wohl reiten;
Es gingen vorüber der Tage drei, —
Zum Kampf will sich keiner bereiten.
Doch am vierten Morgen geheftet stand
Ein Eisenhandschuh von mächtiger Hand
Am Schilde des Ritters aus Frankenland —
Die Inschrift heruntergerissen!
Zum Kampfspiel dränget in endloser Zahl
Sich das Volk, die Fürsten, die Ritter;
Es hält der Franke, gewaffnet in Stahl,
An der Schranke hemmendem Gitter;
Es tönt die Trompete mit weckendem Hohn
Zum ersten-, zum zweiten-, zum drittenmal schon:
Da klinget von drüben mit hellem Ton
Die mutige Antwort entgegen.
Und ein Ritter reitet den Kreis hinein
In schwarzem, eisernem Kleide,
Wohl um Haupteslänge dem Gegner zu klein,
Kein Zeichen im Schild noch Geschmeide,
Doch von nervichtem Wuchs und an Schultern breit;
Er tummelt sein Roß wie zum Tanz in den Streit,
Ein König an Anstand und Herrlichkeit,
Daß die Menge ihn jauchzend begrüßet.
Und mahnenden Klangs die Trompete tönt,
Und es fliegen die Kämpfer zusammen,
Laut, wie der krachende Donner dröhnt,
Lesebuch für Höhere Mädchenschulen. 7. Schuljahr.
8