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Pflanzte sich aus den Reihen der Heere in die Wohnungen der
Bürger und selbst in die Bildungsanstalten; unter allen Ständen
riß eine erschreckende Roheit ein. Den Verwüstungen, welchen
alle Länder des Reiches, einige wenigstens einmal, andere mehr¬
mals, manche fast jährlich ausgesetzt waren, folgte Hungersnot
und Pest.
Die Entvölkerung einzelner Landstriche war eine fast un¬
erhörte. Württemberg sank von 400000 Einwohnern ans 50000
herab; das reiche Augsburg, das nahezu 100000 Einwohner gehabt
hatte, zählte nach dem Kriege noch etwa 6000; die pfälzische Rhein¬
ebene, Deutschlands Juwel, hatte noch den fünfzigsten Teil der
früheren Bevölkerung. Man konnte viele Meilen weit gehen, ohne
einen Menschen oder ein Stück Vieh anzutreffen; von manchem Dorfe
war nicht einmal mehr der Ort, wo es gestanden hatte, anzu¬
geben; Wölfe und andre Raubtiere machten die menschlichen
Wohnsitze unsicher.
Auch der Adel und die Fürsten litten unter dem Druck
dieses schrecklichen Krieges. Wie von den Städten manche ihre
Reichsfreiheit nicht mehr behaupten konnten und abhängige
Landstädte wurden, so verlor der einst so mächtige Adel, nach¬
dem ihm seine Güter verwüstet waren, seine Bedeutung. Von
den Fürsten, welche selbst auch großer Not preisgegeben waren,
konnten nur wenige der Versuchung widerstehen, durch un¬
erlaubte Mittel ihre Einkünfte zu vermehren; Verschlechterung
der Münzen und die Goldmacherkunst kamen um jene Zeit aus.
Deutschland stand nach dem Westfälischen Frieden vor der Frage,
ob es aus dem allgemeinen Elend sich wieder zu einem lebens¬
fähigen Reiche emporringen könne.
Wilhelm Müller.
140. Berg und Burg Hohenzollern.
Mitten im schwäbischen Lande tritt aus dem Felsgebirge,
welches die Doimil voin Neckar scheidet, hochragend der Zollern
heraus, von dem aus, in wunderbarer, mittelalterlicher Schön¬
heit neuerstanden, die Stammburg des gottgesegneten deutschen
Fürstenhauses in das herrliche alte Alemannien herabgrüßt. Ein
halbstündiger Weg führt von Hechingen aus den Wandrer aus