IIl. Das Vaterland. Kultur und Geschichte.
83. Aus Tacitus' Germania.
Cornelius Tacitus.
1' Die Urzeit.
Die Germanen selbst möchte ich für Ureinwohner dieses Landes
halten, für ein Volk, das sich nicht im mindesten mit fremden Ein—
wanderern und Ansiedlern vermischt hat; denn einmal zogen die Völker
der Urzeit, welche andere Wohnsitze suchten, nicht zu Lande, sondern
zu Wasser, und dann wird auch jener dort oben unermeßlich ausgedehnte,
ich möchte sagen feindselige Ozean nur selten von einem Schiffe aus
unserm Erdteile besucht. Und wer hätte auch, ganz abgesehen von den
Gefahren auf einem wilden, unbekannten Meere Asien, Afrika, Italien
verlassen sollen, um nach Germanien zu pilgern, in das wüste Land,
unter rauhem Himmelsstrich, kulturlos, trübe, unheimlich einem jeden,
dem es nicht eben das Vaterland ist! — — In alten Liedern, ihren
einzigen Urkunden und geschichtlichen Denkmälern, singen sie von
einem erdentsprossenen Gotte Tuisco und seinem Sohne Mannus, den
Urahnen und Stammpvätern ihres Volks. Dem Mannus geben sie drei
Söhne, nach welchen die zunächst dem Ozean seßhaften Germanen In—
gävonen, die mittleren Hermionen, die übrigen Istävonen benannt
sein sollen. Manche indessen — das hohe Altertum gestattet ja weiten
Spielraum — behaupten, es seien mehr Göttersöhne und mehr Stamm—