Full text: Mittelalter (Teil 2, [Schülerband])

D. Wirtschaftl. u: recht}. Grundlagen d. mittelalterl. Lehensstaates 1609 
unterlagen, in England und Ungarn sich das verbriefte Recht 
der Mitregierung ertrotzen konnten. All das kehrt aber auch auf 
deutschem Boden wieder. Nachdem die zentralisierende Königs- 
gewalt von dem aufstrebenden Fürstentum aller Macht entkleidet 
worden war, kam es auch hier innerhalb der einzelnen fürstlichen 
Territorien zu einem Siege des monarchischen Gedankens (Landes: 
hoheit), bis im späteren Mittelalter dieses Landesfürstentum 
wieder den eigenen lokalen Gewalten (Stände) weitgehende 
Rechte einräumen mußte. In kultureller Hinsicht eilte .das ‚Ro: 
manentum wegen der innigeren Berührung mit der römisch- 
christlichen Kultur dem eigentlichen Deutschland wohl voran, 
doch darf dabei nicht vergessen werden, daß ein großer Teil dieser 
:omanischen Welt (Italien, Burgund) einen politischen Bestand. 
teil des Deutschen Reiches bildete. Die deutschen Ver 
hältnisse dürfen deshalb gewissermaßen als typisch für 
diese ganze Periode bezeichnet werden. 
Erbliches Wahlkönigtum: Im Gegensatze zum erblichen 
Königtum der karolingischen Zeit war das deutsche König- 
tum von allem Anfange an ein Wahlkönigtum. Wenn man aber 
berücksichtigt, daß der deutsche König schon im vorhinein seinen 
Nachfolger, zumeist den ältesten Sohn, wählen lassen konnte, daß 
die Fürsten tatsächlich an bestimmten Herrscherhäusern fest- 
hielten,*) wenn nicht die politischen Kämpfe jener Zeit Zwie- 
tracht in ihre Reihen säten,”) so muß man das deutsche König- 
tum gleich dem altgermanischen trotz des scheinbar inneren 
Widerspruches als erbliches Wahlkönigtum bezeichnen, 
Zwischen dem Bestreben tatkräftiger Herrscher, ihre Stellung 
in aller Form erblich zu machen (vgl. Heinrich VI.), und dem 
eifersüchtigen Wunsche der Fürsten, an ihrem freien Wahlrechte 
festzuhalten, bedeutete es somit einen faktischen Ausgleich beider 
entgegengesetzten Strömungen. Dem vollen Erbkönigtum der 
fränkischen Zeit hatte die Gewalt des deutschen Königs die U n- 
teilbarkeit voraus; an die Stelle der privatrechtlichen Auf- 
fassung vom Königtume ist der staatsrechtliche Gedanke des 
1) Sächsisches (919—1024), salisches (1024—1125, und staufisches Herrscher: 
haus (1138— 1254). 
?) Gegenkönige im Investiturstreite, zur Zeit Lothars und Friedrichs II., 
Doppelwahlen der ‚Jahre 1198 und 1257.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.