132
dieser es sofort ertönen, sodaß die Knechte, die eben den Holzstoß an¬
zünden wollen, sowie alle, die herbeigeströmt sind, das schreckliche Schau¬
spiel zu sehen, wie von einem tollen Taumel ergriffen, tanzen müssen.
Durch Scherasmin und Zatme werden die Liebenden von ihren Banden
befreit, und plötzlich kommt der wagen Oberons durch die Wolken herab
und entführt sie nach Oberons Palast. Durch die auch im Angesichte
des Todes nicht wankende Treue hüons und Rezias sind Gberon und
Titania wieder versöhnt worden, und das getreue paar wird von dem
Elfenkönig und seiner Gemahlin mit einem Myrtenkränze gekrönt. Zu¬
gleich gibt ihnen, um ihr Glück voll zu machen, Titania ihr Kind wieder,
das sie einstweilen in ihren Schutz genommen hatte. Darauf verschwindet
das Schloß Gberons, und hüon und die Seinen sehen sich plötzlich in die
Heimat, ins Zrankenland, versetzt. Alsbald eilt hüon mit Rezia an den
Hof Karls, um des Kaisers Vergebung zu erflehen und Rezia, die Erbin
des Sultans, vor Karls Thron zu führen. Der Kaiser, hocherstaunt, emp¬
fängt den edeln, aus allen Fährlichkeiten glücklich wiedergekehrten Herzog
freundlich, der alte Groll in seiner Brust stirbt, und indem er liebevoll
hüons Hand schüttelt, spricht er:
„Nie fehl' es unserm Reiche
An einem Hürstensohn, der dir an Tugend gleiche!"
Der Hainbund und verwandte Dichter.
Gottfried August Bürger (1747—1794).
Lenore.
1. Lenore fuhr ums Morgenrot
Empor aus schweren Träumen:
„Bist untreu, Wilhelm, oder tot?
wie lange willst du säumen?" —
Er war mit König Friedrichs
Macht
Gezogen in die Prager Schlacht
Und hatte nicht geschrieben,
Ob er gesund geblieben.
2. Der König und die Kaiserin,
Des langen Haders müde,
Erweichten ihren harten Sinn
Und machten endlich Friede;
Und jedes Heer, mit Sing und Sang,
Mit paukenschlag und Kling und
Klang,
Geschmückt mit grünen Reisern,
Zog heim zu seinen Häusern.
3. Und überall, allüberall,
Auf wegen und auf Stegen,
Zog alt und jung dem Iubelschall
Der Kommenden entgegen.
„Gottlob!" rief Kind und Gattin laut,
„willkommen!" manche frohe Braut.
Ach! aber für Lenoren
war Gruß und Kuß verloren.