Full text: [Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

378 
ersten, leichtfertigen versuchen, die Dir gescheitert, die Bemühung gänz¬ 
lich ausgegeben hat, es Dir zu verschaffen? Ist eine Bank von Gerichts¬ 
dienern und Schergen, die einen Brief, der gebracht wird, unterschlagen, 
oder ein Erkenntnis, das sie abliefern sollen, zurückhalten, Deine Obrig¬ 
keit? Und muß ich Dir sagen, Gottvergessener, daß Deine Obrigkeit 
von Deiner Zache nichts weiß — was sag ich? daß der Landesherr, 
gegen den Du Dich auflehnst, auch Deinen Namen nicht kennt, dergestalt, 
daß, wenn dereinst Du vor Gottes Thron trittst, in der Meinung ihn 
anzuklagen, er, heiteren Bntlitzes, wird sprechen können: Diesem Mann, 
Herr, tat ich kein Unrecht, denn sein Dasein ist meiner Zeele fremd. 
Das Zchwert, wisse, das Du führst, ist das Zchwert des Uaubes und der 
Mordlust, ein Uebell bist Du und kein Krieger des gerechten Gottes, und 
Dein Ziel auf Erden ist Bad und Galgen und jenseits die Verdammnis, 
die über die Missetat und die Gottlosigkeit verhängt ist. 
lvittenberg, usw. Martin Luther." 
Kohlhaas wälzte eben auf dem Schlosse zu Lützen einen neuen 
Plan, Leipzig einzuäschern, in seiner zerrissenen Brust herum: — denn 
auf die in den Dörfern angeschlagene Nachricht, daß der Junker Wenzel 
in Dresden sei, gab er nichts, weil sie von niemand, geschweige denn 
vom Magistrat, wie er verlangt hatte, unterschrieben war; — als Ztern- 
bald und Waldmann, seine Mithelfer, das Plakat, das zur Nachtzeit an 
den Torweg des Schlosses angeschlagen worden war, zu ihrer großen 
Bestürzung bemerkten, vergebens hofften sie durch mehrere Tage, daß 
Kohlhaas, den sie nicht gern deshalb antreten wollten, es erblicken 
würde,' finster und in sich gekehrt, in der Bbendstunde erschien er zwar, 
aber bloß um seine kurzen Befehle zu geben, und sah nichts: dergestalt, 
daß sie an einem Morgen, da er ein paar Knechte, die in der Gegend 
wider seinen Willen geplündert hatten, aufknüpfen lassen wollte, den 
Entschluß faßten, ihn darauf aufmerksam zu machen. Eben kam er, 
während das Volk von beiden Zeiten schüchtern auswich, in dem Buf- 
zuge, der ihm seit seinem letzten Mandat gewöhnlich war, von dem 
Nichtplatz zurück' ein großes Eherubsschwert auf einem rotledernen 
Nissen, mit Ouasten von Gold verziert, ward ihm vorangetragen, und 
zwölf Knechte mit brennenden Fackeln folgten ihm: da traten die beiden 
Männer, ihre Zchwerter unter dem Brm, so daß es ihn befremden mußte, 
um den Pfeiler, an welchem das Plakat angeheftet war, herum. 
Kohlhaas, als er mit auf dem Kücken zusammengelegten Händen, 
in Gedanken vertieft, unter das Portal kam, schlug die Bugen auf und 
stutzte, und da die Knechte bei seinem Bnblick ehrerbietig auswichen, 
so trat er, indem er sie zerstreut ansah, mit einigen raschen Schritten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.