t 02 Vierter Zeitraum. 
274. 
Rechtswissenschaft. 
Die R e ch r s g e l e h r sa m k e i t gewann seit dem August 
in dem Grade, in welchem die bürgerliche Frei, 
heit sank; fast in demselben Verhältnisse, in welchem die 
Theorie der Dichtkunst nach dem Verstummen der klassi¬ 
schen Dichter weiter ausgebildet ward. August ertheilte 
einigen Rechtsgelehrten das ius respondendi, und wies seine 
Richter an, von denselben Gutachten einzuhvhlcn und in 
rechtlichen Aussprüchen darnach sich zu richten. Man theilte 
sich aber bereits unter seiner Regierung über die Grundsätze, 
die man bei rechtlichen Gutachten zu befolgen habe. Labeo 
erklärte sich für die Strenge, Atejus Capito für die 
Billigkeit. Der erste Zeigte noch republikanischen Geist; der 
letztere schmeichelte dem August. Sabinus (unter dem 
Tiberius) und Cassius Longinus (unter dem Tibcrius, 
Caligula, Claudius und Nero) folgten dem Capito, und 
stifteten die juridische Schule der Sa bi ni an er und Cas- 
siancr, die den Aussprüchen der altern Rechtslehrer bei 
dem Grundsätze der Billigkeit folgte; Li einius Procu- 
lus (unter Otho und Vitellins) war Stifter einer strengern 
Schule nach Labeo's Vorgänge. — Unter Hadrian erhiel¬ 
ten die Rechtsgelehrten in dem edictum perpetuum, einem 
Gesetzbuchs, welches Salvius Juli anus (131 n. C.) 
auf kaiserlichen Befehl in 100 Büchern verfertigte, eine feste 
Vorschrift, welcher Casus, Papi ni an, Ulpian und 
andere folgten. — Nach den Zeiten des Alerand er Se¬ 
verus maßten sich aber die despotischen Imperatoren die 
Entscheidung aller Privatprocesse an, und es erschienen zur 
Ergänzung und Berichtigung des ediclum perpetuum die 
constitutioues Imperatorum, welche G r e gorius (oder 
Gregorianus) und H ermogenes bis herab auf Constantins 
Zeiten sammleten. Endlich ließ Theodosius 2 durch acht 
Rechtsgelehrte die Constitutionen seit dem Constantin nach 
der Ordnung des edictum perpetuum zusammentragen, 
zwar, wegen der gewählten Ordnung, nur stellenweise und 
zerstückelt, aber doch ohne irgend eine Aenderung an dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.