139
Wort ist zu arg, — Brunhildens Übermut ist gebrochen: aber hoch
auf richtet sie sich dagegen in grimmiger Rachsucht. Es ist gewiß,
daß Siegfried sich der durch ihn, nicht durch Günther geschehenen
Überwältigung ihrer stolzen Kraft gegen Kriemhild gerühmt hat: sie
ist öffentlich bis aus den Tod beleidigt, — Siegfrieds Tod ist be¬
schlossen. Der Arglose sieht den Streit nicht an als den Ansang des
bittern Kampfes auf Tod und Leben, dem er selbst unterliegen soll:
eitler Ehre als ein rechter Held nicht begehrend, hat er sich nie ge¬
rühmt der Thaten, die er vollbracht, am wenigsten des. was ihm
gegen ein Weib gelungen. Eine gleiche Zurückhaltung und Mäßigung
will er auch von den Frauen beobachtet wissen. „Sie haben sich
vergessen," meint er. „und daß mein Weib das deinige, Günther,
betrübt hat, das ist mir ohnemaßen leid. Wir wollen von dem, was
geschehen ist, schweigen: unsere Frauen sollen schweigen wie wir."
Aber Brunhild schweigt nicht, kann nicht schweigen.
d) Siegfrieds Hob.
Jammernd in ohnmächtiger Wut sitzt Brunhild einsam im Gemache:
da findet sie Hagen und erfährt von ihr noch genauer, wie schwer sie
gekränkt sei. Seine Herrin und Königin weint, gekränkt, bis m den
Tod beleidigt von einem Manne, — der Mann muß sterben. Die
Brüder der Beleidigerin, die drei Könige, und Ortwin von Metz
werden zur Beratung hinzugezogen, und nur der jüngste, Giselher.
hält die Sache als einen Franenstreit für zu gering, als daß ein Held
wie Siegfried darum das Leben verlieren sollte: die übrigen, selbst
der anfangs schwankende Günther, in welchem die Dankbarkeit gegen
Siegfried doch noch nicht ganz erloschen ist, stimmen für Siegfrieds
Tod. Es soll ein falsches Kriegsgerücht verbreitet, das Heer aufge¬
boten — und, da man voraussetzt, daß Siegfried sich dieser Heer¬
fahrt nicht entziehen werde, der Held auf diesem Kriegszuge erschlagen
werden. So wird die Mannentreue zur Untreue, aus der edelsten
Wurzel des deutschen Lebens schießt das giftigste Gewächs, der Meuchel¬
mord, hervor.
Die Heerfahrt ist in vollem Gange, Siegfried rüstet sich. Da
begiebt sich der untreue, grimmige Hagen zu Kriemhild, um der Sitte
gemäß von ihr Abschied zu nehmen. Kriemhild hat den Streit schon
halb vergessen. Daß sie den vor sich sehe, der sich als ewigen Feind
ihres Gatten bekannt und ihm den Tod geschworen hat, davon kommt