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der Fuchs verlangte. Dieser aber ging zum Löwen, dessen Höhle
nicht weit entfernt war, und sprach: „Da draußen liegt ein totes
Pferd. Komm doch mit hinaus, da kannst du eine fette Mahlzeit
halten." Der Löwe ging mit, und wie sie bei dem Pferde standen,
sagte der Fuchs: „Hier hast du's doch nicht nach deiner Bequemlich¬
keit. Weißt du was? Ich will das Pferd mit dem Schweife an
dich binden, dann kannst du es in deine Höhle ziehen und in aller
Ruhe verzehren." Dem Löwen gefiel der Rat, und er stellte fick
hin, damit der Fuchs das Pferd an ihn binden könnte. Der Fuchs
band nun mit dem Schweife des Pferdes dem Löwen die Beine zu¬
sammen und drehte und schnürte alles so fest und stark, daß es mit
keiner Kraft zu zerreißen war. Als er alles vollendet hatte, klopfte
er dem Pferde auf die Schulter und rief: „Zieh, Schimmel, zieh!"
Da sprang das Pferd mit einemmal auf und zog den Löwen mit
sich fort. Dieser fing an zu brüllen, daß die Bögel im ganzen Walde
vor Schrecken aufflogen; aber das Pferd ließ ihn brüllen und zog
und schleppte ihn über das Feld vor seines Herrn Thür. Als der
Herr das sah, besann er fick eines bessern und sprach zu dem Pferde:
„Du sollst bei mir bleiben und es gut haben!" und gab ihm satt
zu fressen, bis es starb.
, 13. Der junge Falk.
(Franz Hoffmann.)
„Vater!" sagte der junge Falk eines Morgens zu dem alten,
der sich zu einem Ausfluge rüstete. „Vater, laß mich mit dir ziehen!
Meine Schwingen sind gewachsen, meine Fänge fast so stark als die
deinigen; es ist Zeit, daß ich selbst für mich sorge."
Der alte Falk schüttelte zwar bedenklich sein Haupt, doch sprach
er: „Du sollst deinen Willen haben! Hüte dich aber, ungehorsam
zu sein, und folge allen meinen Ratschlägen, sonst möchtest du leicht
in dein Verderben rennen. Der Menschen List und Bosheit verfolgt
uns allerorten, und nur gereifte Erfahrung lehrt uns, ihren Schlingen
zu entgehen."
Der Sohn versprach Gehorsam, und schnellen Fluges ent¬
schwebten die Falken dem Reste. Sie flogen rasch dahin über die
Felder.
„Sieh das Rebhuhn, Vater," rief der junge Falk, „laß es mich
jagen, es wird eine leichte Beute sein." „Das Rebhuhn erblicke ich
Schulz. Deutsche? Lesebuch für höhere Lehranst. I. Teil. 2. Abt. 2