Full text: Weltgeschichte in funfzig Lebensbildern

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fleischter Teufel. Der König verachtete ihn später, nannte ihn gar 
einen Affen, aber war doch immer noch von seinem Witz erbaut. 
Und in Deutschland, ja in Preußen lebten Schriftsteller, die zwar 
an leichtsinnigem Witz dem Franzosen nicht gleich kamen, aber an 
Gediegenheit, an Gelehrsamkeit, an sittlichem Ernst ihn bei Weitem 
übertrasen. Damit hängt nun ein Zweites zusammen. Durch den 
dreißigjährigen Krieg war auch die lutherische Kirche sehr herabge¬ 
kommen, der Hauptinhalt der Predigten war Streit und Zank, auf 
ein warmes Glaubensleben wurde wenig gedrungen. Zuerst hatte 
Spencr, ein frommer Mann, wieder mehr Leben dadurch in die 
Kirche gebracht, daß er den Unterschied zwischen äußerer todter 
Rechtgläubigst und wahrer Herzensbekehrung hervorhob und in 
seinen verschiedenen Gemeinden nicht bloß, sondern durch Schriften 
und andere Mittel auch weithin in Deutschland zum klaren Be- 
wusstseyn brachte. Der Graf Zinzendorf hatte die Reste der böh¬ 
mischen und mährischen Brüder gesammelt und mit ihnen und an¬ 
deren apostolischen Gemeinden die Gemeinden der Herrnhuther ge¬ 
stiftet (1722), welche einst noch ein wahres Salz für die evangeli¬ 
sche Kirche werden sollten. Diese Herrnhuther oder Brüdergemein¬ 
den waren auch zuerst wieder des Gebots „Gehet hin in alle Welt 
rc." eingedenk gewesen und hatten evangelische Missionsanstalten ge¬ 
gründet. Kurz im Anfänge des 18. Jahrh. wehcte entschieden ein 
neuer frischer Geist in der evangelischen Kirche. Da kam über die 
Großen und Vornehmen des Landes der Pesthauch französischen 
Unglaubens, und das Christenthum zog in die Wohnungen der 
Kleinen und Niedrigen. Namentlich nun im Anfänge seiner Re¬ 
gierung, als Friedrich noch nicht die rechte Regentenweisheit durch 
Erfahrung gewonnen haben konnte, hat er so Manches gethan, 
was die Frömmigkeit nicht gefördert hat, er hat zum großen Theil 
die heilsame Kirchenzucht in der protestantischen Kirche beseitigt und 
besonders nicht geradezu für den Glauben an Christum Jesum sich 
erklärt. Unglaube in dem gewöhnlichen Sinne darf ihm nicht zur 
Last gelegt werden; aber wohl eine gewisse Gleichgültigkeit gegen 
die Kirchen und darum auch gegen seine evangelische Kirche. Wie 
tolerant er war, zeigt sein Widerstand gegen die Aufhebung der 
Jesuiten. Schon 1773 waren sie durch die Bulle mit den An¬
	        
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