157
Taygetosgebirges in einen Abgrnnd werfen liehen. Die übrigen
blieben bis zum siebten Lebensjahre der hänslichen Pflege überlassen,
muhten aber in strenger Zucht erzogen werden. Im siebten Jahre
wurde jeder Knabe dem Staate übergeben und fern vom elterlichen
Hause gemeinschaftlich mit andern erzogen. In einzelne Gruppen
verteilt, wuchsen die Knaben unter der Leitung besonderer Aufseher
und Lehrer heran. Sie wurden zur Ausbildung des Körpers nnb
feiner Kraft, zur Gewandtheit im Gebrauch der Waffen, zu Gehorsam,
Tapferkeit, Ehrliebe, Enthaltsamkeit, Ausdauer und Schlauheit an¬
geleitet: denn dies, kriegerische Tüchtigkeit, war das Hauptziel der
spartanischen Jugenderziehung.
Die Entwicklung der Geisteskräfte hatte, wie die ganze Erzie¬
hung, nur die Tüchtigkeit des Kriegers und des Staatsbürgers zum
Zweck, keineswegs aber die höhere Bildung und eine rein menschliche
Veredelung. Daher wurde das Denkvermögen nur für die praktische
Teile des Lebens entwickelt und namentlich an Bestimmtheit und
Schnelligkeit der Auffassung und des Ausdrucks gewöhnt, und das
spartanische Volk erwarb sich diese Vorzüge in einem so hohen Grade,
bah das Wort lakonisch zur Bezeichnung eines treffenden und
kurzen Ausdrnckes sprichwörtlich geworden ist. Der Gesang, der bei
allen griechischen Völkerschaften zugleich mit Elementarunterricht und
mit der Gymnastik einen der Hauptzweige der Erziehung bildete,
wurde auch in der spartanischen Jugend entwickelt und gepflegt, trug
aber gleichfalls vorzugsweise den kriegerischen Charakter und diente
dem kriegerischen Zweck. Gehorsam, sowohl der jüngeren Knaben
gegen die älteren, als auch aller jüngeren Leute gegen Erwachsene,
war ein Hauptgebot. Der Knabe und Jüngling muhte jedem Manne
Vede stehen und Ehrfurcht erweisen. Durch strengen Gehorsam machte
er sich stufenweise zum Befehlen reif und geschickt.
Die für die körperliche Entwicklung gegebenen Vorschriften be¬
zweckten Stärkung, Abhärtung und Gewandtheit. Der Knabe muhte
auf Schilf schlafen, Hnnger und Durst, Frost und Hitze ertragen ler¬
nen und sich daran gewöhnen, Körperschmerzen mit Gleichmut zu er¬
dulden. An einem bestimmten Tage des Jahres, dem Fest der
Artemis, wurden die Jünglinge bis auf das Blut gegeihelt, und es
war ein groher Schimpf für sie, wenn sie dabei auch nur eine Miene
verzogen.
Die Erziehung der Mädchen war von demselben Geiste geleitet
wie die der Knaben. Dah auch sie den Eltern entzogen wurden,