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in den zauberhaften Winterschlaf. Sie leben viele Wochen
lang, oftmals über ein halbes Jahr ohne Speise, ohne Irank
und ohne Bewegung. Aber beim Frũühlingsläuten des ersten
Maiglöckchens erwachen sie zu fröhlichem Leben so frisch und
wohblgemut, so wohlgenährt, als wenn sie sich erst seit gestern
zur Ruhe hingelegt hätten.
Die Vögel aber ziehen fort über gewaltige Meere und
Alpenhöhen in des Südlandes reiche Sommerquartiere, die sie
noch niemals gesehen, noch niemals betreten haben! Denn nach
den zuverlässigen Beobachtungen des Vogelkenners Gãtke auf
der Insel Helgoland ziehen unter gewõhnlichen Verhältnissen
Jon den dort vorkommenden 396 Vogelarten mit Ausnahme
des Kuckucks im Herbste zuerst stets die jungen Nestvögel,
kaum einige Monate alt, nach dem warmen Süden, einen oder
zwei Monate spãter folgen die Alten, und zwar zuerst die Weib-
chen, während die schönsten alten Männchen regelmäßig den
Zug beschließen. Im Frühjahr findet eine entgegengesetzte Rei-
henfolge statt. Zuerst kKommen die alten Männchen allein, spä-
er dia Weibchen mit den jungen Vögeln, wie man bei den
Buchfinken deutlich beobachten kann.
Was leitet die Vögel während ihrer Züge? — Mit allen
geinen Fãhigkeiten ist der Mensch nicht imstande, in vollkom-
Hener Dunkbelheit sich auch nur einige Kilometer in gerader
Richtung fortzubewegen. Und die Võgel fliegen ohne Weg-
weiser, ohne Richtzeichen nicht am hellen Tage, sondern meist
in dunkler Nacht und in solchen Höhen, datß auch für das
gcharfe Vogelauge die Gebirge und Flußtäler, die Walder und
Meeresküssten nicht einmal in undeutlichen Umrissen werden
u ersennen sein. Außerdem haben ja die jungen Vögel die
Reise nie gemacht. Doch kommen alle ans Ziel!
Warum flieht der Vogel im Herbste plötzlich die Gegend,
die ihn geboren hat?
Es ist nicht die Furcht vor Mangel an Nahrung oder
hurcht vor den Unbilden des Winters, welche den Vogel ver-
anlassen, aus seiner Heimat zu fliehen. Er hat ja selbst nie
die Armut seiner Geburtsstätte während des Winters erfahren,
Ind wenn er aufbricht, erfreut sich seine Heimat noch des
Qlonsten Herbstwetters, und Nahrung ist dort für ihn noch in
großer Fülle vorhanden; von Rälte kann auch noch keine Rede
ein. Was treibt ihn denn fort? Weiß er etwa, daß er im
cren sũden einen reichlich gedeckten Tisch finden wird? Ge-
wiß nicht, denn er war nie dort.