Im wirtschaftlichen und gesellschaft¬
lichen Leben.
Ztandesart und Ztandessitte.
48. Der deutsche Bauer.
Schon dem Kuge des Naturforschers stellt sich der echte deutsche
Bauer als der historische Typus des deutschen Menschenschlages dar.
Bei den Städtern hat sich das Griginalgepräge des Körpers wie des
Geistes und der Litte zu einem Typus der Linzelpersönlichkeit, höchstens
der Familie durchgebildet oder auch verflüchtigt. Die körperliche Ligen¬
art der Bauern scheidet sich noch gruppenweise ab nach Ständen und
Gauen, hier finden wir noch in dem einen Gau einen mehr langbeinig
hochaufgeschossenen, in dem andern einen mehr breitschultrig gedrun¬
genen Menschenschlag, wie sich das durch lange Jahrhunderte in unver¬
fälschter Nasse fortgepflanzt hat. So trifft man z. B. in einzelnen
Strichen des Hessenlandes heute noch ausschließlich jene länglichen Ge¬
sichtsprofile mit hoher, nach oben etwas breit ausgerundeter Stirn,
langer gerader Nase und kleinen Augen mit stark gewölbten Augen¬
brauen und großen Lidern, vergleicht man diese Bauerngesichter mit
den Skulpturen der Marburger Llisabethkirche (aus dem 13. Jahrhun¬
dert), so wird man entdecken, daß sich durch fast sechshundert Jahre
derselbe althessische Gesichtstypus unverändert erhalten hat, nur mit
dem Unterschiede, daß an jenen Bildwerken die Köpfe von Fürsten,
Herren und edlen Frauen gemeißelt sind, deren Züge uns das unver¬
fälschte Stammesgepräge zeigen, während dieses jetzt nur noch bei
den Bauern des Landes zu finden ist. wer mittelalterliche Gestalten
geschichtlich echt zeichnen will, der muß sich überhaupt seine Modelle
bei den Bauern suchen.
In der gebildeten Welt hat der einzelne seinen Stil, und der
Stil soll den Mann zeichnen. Bei dem Bauersmann hat der Stamm,
der Gau, das Land seinen Stil, nämlich seine Mundart, seine Nedewen-
dungen, seine Sprüche, seine Lieder, und dieser Stil zeichnet die großen
Volksgruppen. Vieser landschaftliche Stil des Bauern ist aber wieder¬