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Der Knabe springt wie ein wunder Reh,'
wär' nicht Schutzengel in seiner Näh',
seine bleichenden Knöchelchen fände spät
ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Loden sich,
und drüben neben der weide
die Lampe flimmert so heimatlich,
der Knabe steht an der Scheide.
Tief atmet er aus, zum Moore zurück
noch immer wirft er den scheuen Blick:
Ja, im Geröhre war's fürchterlich,
o, schaurig war's in der l)eide!
Annette v. vroste-hülshoff.
12. Bubensonntag.
wenn ich einst, ein kleiner Bube,
Bonntags früh im Bette lag
und die Helle Kirchenglocke
all das Schweigen unterbrach:
Längst mit ganzem, vollem herzen
hing ich ja an meinem Gott,
doch, daß niemand ihn erblicke,
hielt ich stets für eitel Bpott.
D wie hüpft' ich dann so hurtig
aus dem Bett ins Kleid hinein,
und wie gern ließ ich das Frühstück,
um zuerst bei Gott zu sein!
Und so hofft' ich jeden Morgen,
endlich einmal ihn zu sehn,'
war's denn nichts in meinenIahren,
stets um fünfe aufzustehn?
Tin Gesangbuch unterm Brme,
eh' ich's Lesen noch verstand,
ging ich fort, gebeugten Hauptes,
fromm verschränkend Hand in Hand.
Bus dem hohen Turm die Glocke
war schon lange wieder stumm,
der Bltar warf düstre Schatten,
Gräber lagen rings herum.
Kam mein Hündchen froh gesprungen
Schalt ich: „Komm mir nicht zu nah!"
Kaum daß ich, zur Seite schielend,
nach der vogelfalle sah.
Fiel die Kirchentür nun knarrend
hinter meinem Bücken zu,
sprach ich furchtsam - zuversichtlich :
„Jetzt allein sind Gott und du!"
Drang ein Schall zu mir herüber,
dacht' ich: jetzt wirst du ihn schaun!
Uber meine Bugen schlossen
sich zugleich vor Bngst und Graun.
Und dies Zittern, dies Erbangen
und mein kalter Todesschweiß —
daß der Herr vorbeigewandelt,
galt mir alles für Beweis.
Still und träumend dann zu Hause
schlich ich mich in süßer Hual,
und mein klopfend herz gelobte
sich mehr Mut fürs nächste Mal.
Friedrich Hebbel.