Friedrich Gottlieb Klopstock.
Fünfte Periode.
Das Zeitalter der klassischen Literatur.
Von 1750— 1830.
Friedrich Gottlieb Klopstock.
(1724 1803.)
Geboren am 2. Juli 1724 zu Quedlinburg, kam 1739 auf die Schulanstalt
in Schulpforta, bezog 1745 die Universität Jena, studirte Theologie, wurde 1748
Hauslehrer in Langensalza, folgte 1750 einer Einladung Bodmers nach Zürich,
ging 1751 in Folge einer Einladung des Grafen Bernstorff nach Kopenhagen,
wo er bis 1770 blieb, lebte von da bis zu seinem Tode in Hamburg, gestorben
am 14. März 1804. Klopstock wurde bedeutend und einflußreich für die deutsche
Literatur durch seine Sprache und die Stoffe, welche er behandelte. Der
Sprache gab er Adel und Würde, Kraft und Anschaulichkeit, Feuer und Schwung,
übertrug die rhythmischen Gebilde der Griechen und Römer auf die deutsche Poesie.
Die Ideen des Vaterlandes und der Freiheit, die Gefühle für Religion, Freund—
schaft und Liebe gaben ihm die Stoffe für seine Dichtungen. Am größten ist er
in seinen Oden. Dem Messias“ fehlt es, bei vielen lyrischen Schönheiten, zu
einem Epos an Objektivität, Handlung, Plastik. Kirchenlieder, Dramen.
100. Dem Erlöser.
(Alkäische Strophe.)
1. Der Seraph stammelt, und die Unendlichkeit
Bebt durch den Umkreis ihrer Gefilde nach
Dein hohes Lob, o Sohn! Wer bin ich,
Daß ich mich auch in die Jubel dränge?
2. Von Staube Staub! Doch wohnt ein Unsterblicher
Von hoher Abkunft in den Verwesungen
Und denkt Gedanken, daß Entzückung
Durch die erschütterte Nerve schauert!
3. Auch du wirst einmal mehr wie Verwesung sein,
Der Seele Schatten, Hütte, von Erd' erbaut
Und andrer Schauer Trunkenheiten
Werden dich dort, wo du schlummerst, wecken.
4. Der Leben Schauplatz, Feld, wo wir schlummerten,
Wo Adams Enkel wird, was sein Vater war,
Als er sich jetzt der Schöpfung Armen
Jauchzend entriß und, ein Leben, dastand!
5. O Feld vom Aufgang bis, wo sie untergeht,
Der Sonnen letzte, heiliger Todter voll,
Wann seh' ich dich? wann weint mein Auge
Unter den tausendmal tausend Thränen?
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