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Dritte Periode. Von 1350—1600.
An deinen Zaun dornen und hinten?
35 Sollt auch solch feiger Art gebühren,
Daß sie soll Krön und Zepter führen?
Ja ihr gebührt für den Königsstab
Ein hölzern Roß, welch's sie nur hab',
Und führe für den Adler kühn
40 Ein bunte Atzel nun forthin,
Und für den Weltapfel ein Ball,
Den man schlägt, wenn er hüpft im Fall:
Weil heut doch schier kei'm Ernst ist mehr,
Handzuhaben Freiheit und Ehr,
45 Sondern man scherzt nur mit der Freiheit,
Sucht fremde Sitten, Brauch und Neuheit,
Und für alt deutsch Standhaftigkeit
Reißt ein weibisch Leichtfertigkeit.
Drum ist nichts, daß man Adler führt,
50 Wenn man den Adlersmut nicht spürt:
Nichts ist, daß man den Zepter trägt
Und ihn wider keine Untreu regt;
Nichts ist, daß man fürmalt die Welt
Und kaum ein Stück der Welt erhält:
55 Sondern man muß erweisen fein
Dies, des man will gerühmet sein,
Und nicht der Alten wacker Taten
Schänden mit Untun ungeraten:
Aufrecht, treu, redlich, einig und standhaft:
60 Das gewinnt und erhält Leut und Landschaft:
Also wird man gleich unsern Alten;
Also möcht man forthin erhalten
Den Ehrenruhm auf die Nachkommen,
Daß sie denselben auch nachahmen:
65 Und also kann man sein ein Schrecken
Den Nachbarn, daß sie uns nicht wecken,
Sondern dem Hund lan seinen Tray,
Zu verwahren sein Gut und Schatz.
Gleichwie man deren noch find't etlich,
70 Die solchem Rat nachsetzen redlich
Und recht bedenken ihre Würden,
Wie ihr Vorfahren Zepter führten:
Gott stärk dem edlen deutschen G'blüt
Solch anererbt deutsch Adlersgemüt.
75 Seht, dies hab als ein Deutscher ich
Aus deutschem G'blüt treuherziglich