Full text: [Teil 2, Abteilung 1, [Band 1] = [Mittelstufe], [Schülerband]] (Teil 2, Abteilung 1, [Band 1] = [Mittelstufe], [Schülerband])

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B. Lyrisch epische Poesie. VI. Erzählungen, Balladen, Romanzen. 
Hundert Flüche jedem Felsenriffe, 
Das sie nicht hat in den Grund ge¬ 
schmettert! 
5. Täglich übers Meer in wilder Eile 
Fliegen ihre Schiffe, gift'ge Pfeile, 
Treffen unsre Küste mit Verderben. 
Nichts hat uns die Räuberbrnt gelassen 
Als im Herzen tödlich bittres Hassen: 
Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen 
sterben!" 
6. Also sprach der Alte, und sie schneiden 
Ihren Nachen von den Uferweiden, 
Drauf sie nach des Stromes Mitte 
ringen; 
Und nun werfen sie weithin die Ruder; 
Armverschlungen, Vater, Sohn und ! 
Bruder 
Stimmen an, ihr Sterbelied zu singen. ^ 
7. Laut ununterbrochne Donner krachen, 
Blitze flattern um den Todesnachen, 
Ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter; 
Und die Männer kommen fest entschlossen 
Singend schon dem Falle zugeschossen, 
Stürzen jetzt den Katarakt hinunter. 
87. Im Saalgewölb' des Urwalds. (Vor 1833.) 
Von Anastasius Grün. Schutt. Dichtungen. Leipzig, 1837. 
1. Im Saalgewölb' des Urwalds ruhn 
im Kreis 
Viel kräft'ge Männer, manch ein ernster 
Greis, 
Der Weißen Abgesandte friedlich bei 
Indianern, Waldessöhnen, stark und frei. 
2. Die Friedenspfeife kreist nach altem 
Brauch, 
Der Männer Friedenswort umhüllt ihr 
Rauch, 
Wie über Frühlings schönstem Rosenbeet 
In stillem Flug ein Morgenwölkchen 
steht. 
3. Zum Bund des Friedens sind sie 
hier vereint; 
Schon rann genug des Blutes ja, schon 
scheint 
Belegt des grünen Saales Boden fast 
Mit roten Prnnktapeten von Damast! 
4. Ein Häuptling sprach: „Nach Väter¬ 
sitte macht 
Aus Erd' und Laub das Grab dem Beil 
der Schlacht, 
Das manchen unsrer weißen Brüder 
traf! 
Drin schlaf' es, ungeweckt, nun ew'gen 
Schlaf!" 
5. Ein andrer drauf: „Das Laub ver¬ 
trägt der Wind, 
Die Erd' aufwühlt des Waldes Tier 
geschwind; 
Drum, soll des Kampfes Beil geborgen 
sein, 
Grabt's unter Wurzeln einer Ceder ein!" 
6. Ein andrer draus: „An Wurzeln nagt 
der Wurm, 
Zu Boden schleudert Cedern selbst der 
Sturm; 
Drum, soll zu Tag des Unheils Beil 
nicht mehr, 
Wälzt jenen Berg als Grabstein drüber 
her!" 
7. Ein andrer drauf: „Sogar desBerges 
Bauch 
Durchwühlt der Schacht des weißen 
Bergmanns auch; 
Drum, soll fortan es ew'ger Friede sein, 
Senkt in den Strom des Hasses Beil 
hinein!" 
8. Ein andrer drauf: „Aus tiefster 
Stromesnacht 
Wird's von des Fischers Netz zu Tag 
gebracht; 
Drum, daß es weltverheerend nie ersteh', 
Senkt's mitten in des Weltmeers großen 
See!" 
9. Ein Greis darauf: „Dies Beil von 
Holz und Erz, 
O laßt's am Tag! Doch greift in euer 
Herz! 
Drin liegt das Schlachtbeil, das viel¬ 
leicht schon jetzt 
Von euch manch einer frisch zum Kampfe 
wetzt! 
10. Das Herz ist tiefer als Gebirg' 
und See'n,
	        
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