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so muß das Übel weichen.“ Die Frau versprach nochmals, ihr 
Möglichstes zu thun. Und wieder nach einiger Zeit kam sie und 
rühmte, das übel sei bei ihrem Manne nicht mehr zurückgekehrt, 
seit sie von der schärfern Flasche eingenommen und das Zeug wirk— 
lich stundenlang im Munde behalten habe. 
88. Der Berliner Arzt Zeim. 
R. Fr. Eylert. 
Heim war ein geborener Arzt. Als solcher hatte er einen 
richtigen, scharfen Blick; er durchschaute den ganzen Menschen, er— 
kannte viele Krankheiten richtig schon durch den Geruch und erfaßte 
mit seinen gesunden, fröhlichen Sinnen jedesmal den vorliegenden 
Zustand mit allen seinen Merkmalen. 
Einst wurde er zu einem an der Mundklemme leidenden Bürger 
gerufen, den schon die Arzte aufgegeben hatten. Heim, der auf— 
merksam den Kranken betrachtete, fragte die Ehefrau, ob ihr Mann 
vor kürzerer oder längerer Zeit sich verwundet hätte. Die Frau ant— 
wortete: „Daß ich nicht wüßte! — Doch fällt mir eben ein, daß 
er, bei einer Schmiede vorübergehend, in einen Radnagel getreten ist 
und sich den Plattfuß verwundet hat; aber er war bald durch ein 
aufgelegtes Pflaster geheilt· Nachdem Heim den Fuß besehen hatte, 
schnitt er alsbald in die Kreuz und Quer hinein, so daß Blut 
herauskam. Es währte nicht lange, so konnte der Patient wieder 
den Mund öffnen, und Heim stellte ihn glücklich wieder her. — 
So wurde er der Wohlthäter vieler Tausende. 
Es ist unbegreiflich, wie er in einer so weitläuftigen Stadt wie 
Berlin täglich 60 bis 90 Krankenbesuche bestreiten konnte; aber 
ihm, dem immer Heitern, ging alles, was er vorhatte, flugs von 
statten. Man sah ihn eben so vergnügt in die Hütten der Armen 
kriechen wie in die Paläste der Reichen gehen. Darum war er auch 
der Liebling des Volkes. Einmal, zu Pferde sich durch dichte Haufen 
drängend und einer Illumination zusehend, verwandelte sich der 
laut gewordene Unwille über den unbequemen, kecken Reiter, den 
man schon vom Pferde reißen wollte, in ein jubelndes Geschrei, 
sobald man den Vater Heim erkannte. 
Weil er im Volke und für das Volk lebte, hatte er in seinem 
ganzen Sein und Wesen etwas Freies und Kurzes, was ihn, dem 
der Frohsinn zur andern Natur geworden war, auch dann nicht 
verließ, wenn er mit den höhern und höchsten Ständen umging.
	        
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