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17. „Und ist es zu spät, und kann ich ihin nicht
Ein Retter willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen!
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht,
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht;
Er schlachte der Opfer zweie
Und glaube an Liebe und Treue!"
18. Und die Sonne geht unter; da steht er am Tor
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet;'
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
„Mich, Henker," ruft er, „erwürget!
Da bin ich. für den er gebürget!"
19. Und Erstaunen ergreifet das Volk umher;
In den Armen liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundcrmär;
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen.
20. Und blicket sie lange verwundert an;
Drauf spricht er: „Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn!
So nehmet auch mich zum Genossen an!
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der dritte!"
8. Die Kraniche des Jbykus.
Friedrich v. Schiller.
1. Zum Kampf der Wagen und Gesänge,
Der aus Korinthus' Landesenge
Der Griechen Stämme froh vereint,
Zog Jbykus, der Götterfrennd.
Ihm schenkte des Gesanges Gabe,
Der Lieder süßen Mund Apoll;
So wandert er an leichtem Stabe
Aus Rhegium, des Gottes voll.
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